So hat er ausgesehen!

Ein Theologieprofessor führte eine Reisegesellschaft durch das "Gelobte Land". Es waren natürlich fromme Leute, die nach Israel pilgerten, und ganz erhabene Gefühle zogen durch ihre Seele - sie waren schließlich unterwegs auf des Heilandes Spuren! Manchmal flog ihnen ein "heiliger" Schauer den Rücken hinab, und manchmal war's fast, als hätte ein Engelsflügel sie gestreift. Auf Zions Spuren waren sie!
Der Theologe zieht mit ihnen durch ein kleines, jüdisches Dorf. Auf der Gasse spielen Kinder im Staub, zerlumpt und mit zerrissenen Kitteln. Unter ihnen ist ein Kleiner mit dunklen Augen, verschmutzt, unter der Nase schaut er besonders unappetitlich aus. Da greift sich der Professor eben diesen Jungen, stellt ihn in die Pilgergruppe und sagt mit Nachdruck: "So hat er ausgesehen!" - Er! Jesus! War das ein Schock! Da war alle "Zionsstimmung" verflogen. "So hat er ausgesehen" - wie dieser zerlumpte, verdreckte Junge. Ganz ohne Heiligenschein.
Wahrer Mensch! - Wenn man diesen Jesus von einem Arzt hätte röntgen lassen können, dann hätte man festgestellt: Derselbe Knochenbau, dasselbe Nervensystem, derselbe Kreislauf, dasselbe Herz, dieselben Lungenflügel und Nieren, derselbe Darm. Mensch wie wir; da ist nichts, was ihn unterscheidet. War es heiß, hatte er da etwa keinen Durst? War es kalt, fror er dann nicht? Wenn man ihn schlug, empfand er dann keinen Schmerz? Wenn man ihn peitschte, floss dann kein Blut? Und wenn man ihn ans Kreuz schlug, starb er dann nicht? Mensch wie wir - das muss man ganz hart und realistisch sagen. "Das Wort ward Fleisch". (Joh. 1,14)
(Siegfried Kettling)

Quelle: In Bildern reden, Heinz Schäfer, Beispiel 1106
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