Silvesternacht - Wie Liebe einen Säufer verwandelt

Wilhelm Busch erzählt: Es war in einer Silvesternacht. Der Jungmännerkreis hatte eine wundervolle Feierstunde erlebt. Sie hatten gesungen, erzählt, Gottes Wort betrachtet. Als die Mitternachtsstunde schlug und draußen ein wilder Lärm anging, da waren sie niedergekniet und hatten sich von neuem unserem herrlichen König Jesus angelobt. Nun verließ das junge Volk den Saal. Lachend, schwatzend, pfeifend oder in ernsten Gesprächen. Draußen auf der dunklen Straße blieb der lange Willi plötzlich stehen: "Nanu, ist der tot?"
Die anderen drängten sich herbei. Am Straßenrand lag regungslos eine Gestalt. Einer horchte ihr schon das Herz ab. Lachend richtete er sich auf:
"Ach wo! Der ist bloß besoffen, hat auch Silvester gefeiert. Aber wie!"
"Kommt! Lasst doch das Schwein liegen!", rief ein Jüngerer angeekelt.
Der lange Willi drehte sich um: "Schwein? Für den Jungen ist der Herr Jesus auch gestorben. Den hat Gott auch lieb!" Schweigen.
Endlich fragte einer: "Was sollen wir denn machen?"
"Wir bringen ihn jetzt nach Hause!", schlug der lange Willi vor. "Und morgen früh besuche ich ihn."

Alle packten mit an. Als der junge, betrunkene Mann wieder auf den Beinen stand, gestützt von vielen starken Händen, kam er langsam zu sich. So konnte er Auskunft geben, wo er wohnte. Mühsam brachte man ihn nach Hause.

Am nächsten Mittag schellte es bei dem jungen Burschen an der Haustür. Der lange Willi stand da mit einem Freund. "Wir wollen den Karl besuchen.
"Ach ja! Das tut mal!", seufzte die Mutter. "Aber nicht abholen in die Wirtschaft! Der hat für eine Woche genug."
Karl schaute erschrocken auf, als zwei gesunde, junge Männer ihm die Hand schüttelten. Dann saßen sie an seinem Bett...

Ich weiß nicht, was sie gesprochen haben. Aber in der nächsten Jungmännerstunde war Karl dabei. Und von da an war er immer dabei. So lernte ich ihn auch kennen. Im Worte Gottes ging ihm eine neue, schönere Welt auf. Er fand den Herrn Jesus als seinen Erlöser und Heiland. Alles wurde neu. Die Mutter konnte sich nicht genug verwundern...

"Also, was macht der Karl?", fragte ich jetzt, nach 35 Jahren, meinen Bekannten.
"Der Karl! Oh, der ist mächtig dabei! Der leitet doch jetzt den Jungmännerkreis."
"Was?! Der ist doch jetzt um die 50!"
"Ja, aber der versteht's!", sagte lachend mein Freund.
Ich fragte nicht weiter, denn ich hatte genug zu tun, meine Bewegung zu verbergen: Jetzt zeigte der, den sie aus dem Rinnstein geholt hatten, anderen jungen Männern den Weg zum wahren Leben!

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 440
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