Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein

Die lieben, kleinen amerikanischen Waisenmädchen in Marasch, welche einmal das Wort gehört hatten "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst", die sind rechte, echte Täter dieses Wortes geworden.
Du hast doch schon von den unglücklichen, armenischen Kindern gehört, deren Väter und Mütter so grausam von den Türken hingemordet wurden, und die nun im Hunger und Elend dahin schmachten? Eine Anzahl dieser armen, armen Kinder sind von Deutschen, die den Heiland lieb haben, gesammelt, in Waisenhäuser gebracht und werden dort liebevoll versorgt und gepflegt; aber zahllose andere irren noch im Elend umher. An diese denken die lieben, kleinen Mädchen in Marasch in tiefem Mitleid und möchten nichts lieber, als dass sie auch in ihr schönes, friedliches Waisenhaus kämen. "Aber das geht nicht," erklärt ihnen ihre liebe Hausmutter betrübt, "wir haben kein Geld mehr, um noch Kinder aufzunehmen."
Eines Morgens kommt nun die Hausmutter in die Waschküche, wo immer einige kleine Mädchen unter der Leitung tüchtiger Waschfrauen bei der Wäsche helfen. Heute waschen und reiben die Mädchen ganz allein.
"Wo sind denn die Frauen?", fragt die Hausmutter erstaunt.
"Die haben wir abgeschafft!", erklären die Kinder mit strahlenden Gesichtern.
Und nun kam es heraus, dass sie beschlossen hatten, die Wäsche jetzt nur ganz allein zu machen, damit das Geld für die Frauen gespart würde und so mehr Kindern geholfen werden könnte. War das nicht lieb von ihnen?
Und ein andermal, als gerade um die Mittagszeit eine Schar hungernder Kinder an das Waisenhaus kam, baten die kleinen Mädchen, ob sie nicht, statt zu Mittag zu essen, einen Spaziergang machen dürften, damit die fremden Kinder sich an ihrem Reis einmal ordentlich satt essen könnten.
Nicht wahr, sie sind Täter des Worts und nicht Hörer allein?

Quelle: Unbekannt
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