Segen des Bewusstseins der Gegenwart Gottes
Der bekannte Pastor Ninck in Hamburg (gest. 1887) erzählt aus seinen Jugenderinnerungen: "Vier kleine Worte sind es, die mir in meinem Leben mehr Gutes getan haben als sonst irgendetwas. Es waren die ersten Worte, die meine Mutter mich lehrte: 'Du, Gott, siehest mich' (1. Mose 16,13). Diese pflegte sie mir jeden Morgen zu sagen, wenn sie mich angekleidet und mit mir gebetet hatte. Dabei legte sie mir die Hand aufs Haupt und schaute mich gar ernsthaft an. Das ging mir tief zu Herzen, und noch in der Ewigkeit werde ich ihr dafür danken."
An jeder Zellentüre im Gefängnis ist ein rundes Guckloch angebracht. Dieses Guckloch nennt der Gefangene "Judas", weil es das Tun und Treiben des Zelleninsassen dem Aufsichtsbeamten verrät. Von dieser strengen Überwachung schrieb ein Gefangener nach seiner Entlassung: "Das Auge des Gesetzes bin ich jetzt los, ich werde aber - das habe ich beim Verlassen meiner Klause gelobt - mein ferneres Leben in Gedanken an Gottes Allgegenwart führen, die mich wie ein aufgeschlagenes Auge überallhin begleitet." Aus dem einst Gott entfremdeten Mann ist nachher ein äußerst ernster und gewissenhafter Geschäftsmann geworden, der von sich sagen konnte: "Der 'Judas' ist mir aus einem Verräter zu einem Retter geworden."
Aus: Bertsch, "Durchs Gitterfenster". Verlag J. F. Steinkopf, Stuttgart.
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