Schein; Schmeicheleien; Küssen - übersetzt
Missionar Döring unter den Waschambaa suchte lange Zeit nach dem Wort "Schein", ohne es zu finden. Sein Sprachlehrer war nicht in der Lage zu begreifen, um was es geht. Eines Tages befestigte er Wellblech am Giebel seines Wohnhauses. Ein Nagel geriet zwischen die Fugen, ging problemlos hinein, hielt aber nicht. Sein Sprachlehrer bemerkte: "Ni ulongolongo", übersetzt: "Das ist eine kleine Lüge." Jetzt hatte der Missionar die entsprechende Übersetzung für "Schein" gefunden.
Unangenehm waren ihm die vielen Schmeicheleien der Eingeborenen. Er lehnte ab, erklärte - aber keiner verstand ihn. Eines Tages erhielt er einen Brief von einem schwarzen jungen Mann, der allerlei Versprechungen enthielt. Zum Schluss fügte er hinzu: "Du wirst sagen Ni mafuta ya milomo." Wieder hatte der Missionar die Übersetzung für sein gesuchtes Wort gefunden, denn der Satz lautete: "Du wirst sagen: Das ist Fett der Lippen."
Für "Küssen" konnte Döring kein Wort finden, denn die Einheimischen kennen diese Praxis nicht. Für die Übersetzung der Leidensgeschichte Jesu musste aber das entsprechende Wort gefunden werden! "Wir fragten, was wir Europäer tun, wenn wir uns begrüßen. Sie sagten: 'mzafyosana', ihr saugt einander. Das war der rechte Ausdruck für Küssen!"
(J. Hesse, Vom Segensgang der Bibel, Calw + Stuttgart 1910)
© Alle Rechte vorbehalten