Rousseaus drückendes Gewissen

Der Philosoph Rousseau lebte als junger Mensch in Turin im Hause einer Frau von Vercelli. In seinen Bekenntnissen schreibt er: "Aus diesem Hause nahm ich die entsetzliche Last einer Schuld mit, die mir noch nach vierzig Jahren auf dem Gewissen liegt und die, je älter ich werde, desto schwerer auf meiner Seele lastet." Er hatte der Dame des Hauses einen Gegenstand entwendet und die Schuld, als der Verlust sich herausstellte, auf das Dienstmädchen geschoben, welches dadurch Brot und Ehre verlor. "Ich klagte sie als Diebin an und brachte ein ehrliches, achtbares Mädchen in Schande und Elend. Sie sagte dann zu mir: 'Ihr bringt mich ins Unglück, aber ich möchte nicht an Eurer Stelle sein...' Die Erinnerung daran steigt oft in schlaflosen Nächten auf, wie wenn es gestern wäre. Wohl schlief mein Gewissen eine Zeitlang, aber im Unglück quälte es mich wie nie zuvor. Die Last liegt jetzt noch schwerer auf meinem Herzen, die Erinnerung daran stirbt nicht. Ich muss meine Schuld eingestehen."
Aus: W. Romann, "Das Gewissen spricht", Ostwerk-Verlag, Berlin.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 1120
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