Paul Gerhardts Lied: Befiehl du deine Wege

Als Paul Gerhardt, von seinem Predigtamt enthoben, im Jahre 1666 Berlin verlassen musste, kehrte er, ohne zu wissen, wohin er sich wenden sollte, in einem Gasthaus ein. Seine Gattin wurde vom Kummer so überwältigt, dass sie sich nicht fassen konnte. Paul Gerhardt redete ihr zu und sagte ihr den Bibelspruch: "Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen." Dann ging er in den Garten des Hauses und dichtete das bekannte Lied: »Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.«
Als er es eben seiner bekümmerten Frau vorgelesen hatte, traten zwei Abgeordnete des Herzogs Christian zu Merseburg ins Zimmer und kamen mit Gerhardt ins Gespräch. Endlich erzählten sie ihm den Zweck ihrer Reise. Sie wollten nämlich nach Berlin gehen, um einen gewissen abgesetzten Pastor namens Gerhardt nach Merseburg einzuladen. Man denke sich, was die flüchtende Familie, die nicht wusste, wohin sie sich wenden sollte, bei dieser unerwarteten Nachricht empfand. Von dem Herzog zu Merseburg bekam Gerhardt eine Pension, und er erhielt im Jahre 1669 das Archidiakonat zu Lübben in der Niederlausitz.

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 349
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