Orthodoxes Gebet für die Gefangenen
P. Yancey besuchte 1991 unter anderem auch ein Gefängnis in Moskau. In der Gefängniskapelle bat ein Teilnehmer Bruder Bonifatio um ein Gebet für die Gefangenen. "Ein Gebet? Sie möchten ein Gebet?", fragte Bruder Bonifatio und wir nickten. Er verschwand hinter dem Altar am Ende des Raumes. Er brachte eine weitere Ikone der lieben Frau her (Maria), die uns die Traurigkeit nimmt, und befestigte diese an einer Halterung. Dann brachte er zwei Kerzenständer und zwei Weihrauchschalen herbei, die er umständlich aufhängte und entzündete. Der süßliche Duft erfüllte sofort den ganzen Raum. Bruder Bonifatio legte seine Kopfbedeckung und die äußeren Gewänder ab und band sich glänzende goldene Manschetten um seine schwarzen Ärmel. Er legte eine lange Goldstola um seine Schultern und hängte sich ein goldenes Kruzifix um. Sorgsam setzte er eine andere, formellere Kopfbedeckung auf. Vor jeder Handlung hielt er inne und küsste das Kreuz oder ging in die Knie. Schließlich war er bereit zu beten. Das Gebet erforderte eine vollständig neue Reihe von Formalitäten. Bruder Bonifatio sprach die Gebete nicht, er sang sie gemäß der Vorlage aus einem liturgische Buch, das auf einer anderen Halterung befestigt war. 20 Minuten nach Rons Bitte, für die Gefangenen zu beten, sagte Bruder Bonifatio 'Amen' und wir traten aus dem Gefängnis in die stärkende Luft im Freien.
Philipp Yancey, Sehnsucht nach dem unsichtbaren Gott, Projekt J, 2001
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