Ohne Wiedergutmachung keinen Frieden
In der Marienkirche in Lübeck steht ein Opferstock. Er stellt einen Knaben dar, der eine Schale mit Geldstücken in der Hand hält. Aus der wirft er mit der andern Hand haufenweise das Geld in den Kasten zu seinen Füßen. Dieses Standbild hat seine besondere Geschichte. Es erinnert an einen Jungen in Lübeck, der immer treu zur Kirche ging und darin ganz genau Bescheid wusste. Einmal, als er sah, wie viele Gaben in den Oberstock gelegt wurden, kam ihm plötzlich der Gedanke: Wie wäre es, wenn ich an einem Abend, wenn es niemand sieht, einen Griff in die Opferbüchse tun würde. Die Versuchung bekam solche Macht über ihn, dass er den Gedanken ausführte. Das heimliche Tun lag als Schuld auf seinem Gewissen. Freilich wusste keiner, was er getan hatte. Er wurde groß, verdiente gut und - konnte nicht ruhig schlafen, bis er eines Tages wusste: Was mich nicht zur Ruhe kommen lässt, das ist die heimliche Sünde aus meiner Jugendzeit. Da ging er in sich. Er bat nicht nur Gott um Vergebung, er bekam auch Mut, seine Tat vor Menschen zu bekennen. Der reiche Kaufmann brachte für den Gotteskasten der Marienkirche so viel Goldstücke, wie er damals Pfennige entwendet hatte. Als warnendes Beispiel ließ er das Standbild setzen.
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