Nicht nur bitten, sondern auch empfangen!

Eine Frau begegnete einem Einsiedler und sagte zu ihm: "Warum betest du noch? Gott erhört keine Gebete. Ich weiß Bescheid. Viele Jahre hindurch habe ich jeden Morgen und jeden Abend ihn angefleht, meines Mannes Herz mir wieder zuzuwenden, aber nichts hat sich geändert." Der Eremit gab ihr zur Antwort: "Es geht nicht nur darum, dass wir bitten. Wir müssen auch imstande sein zu empfangen. Nimm Gottes Gabe an!" Eine Woche später kehrte die Frau wieder zu dem Beter zurück und erzählte: "Ich habe es erlebt, dass Gott Gebet erhört. Als ich vor acht Tagen nach Hause kam, eilte ich gleich zu meinem Mann. Jetzt stand er auf und ging mir entgegen. Nach zwanzig Jahren zum erstenmal. Warum hat er das früher nie getan?" Der Eremit antwortete: "Weil du nicht zu ihm geeilt bist." Die Frau erwiderte: "Ich verstehe nur nicht, warum ich trotz aller meiner Gebete so lange warten musste."
"Du hast zwar gebetet", sagte der Mann, "aber doch immer nur an das Böse geglaubt. Du hast zwar deine Hände gefaltet, Gott aber kann uns nichts schenken, wenn wir sie nicht auch auftun, um zu nehmen, was er auf unser Bitten uns geben will."

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 811
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