Mutters Rechnung
Der kleine Seppl hört, wie der Vater der Mutter die Rechnung des Malers vorliest, der jüngst allerhand neu gestrichen hat. Wie Seppl nun die einzelnen Posten vornimmt, denkt er: "Könntest der Mutter doch auch einmal eine Rechnung schreiben." Und dann schreibt er flugs: "Für Holen von Semmeln 2 Pfennig, für Schuhputzen 3 Pfennig usw." bis er 10 Pfennig beisammen hatte. Die Mutter sieht die Rechnung, sagt nichts, und Seppl findet abends an seinem Platz 10 Pfennig vor. Still und vergnügt steckt er sie ein. Am nächsten Morgen aber erblickt er auf der gleichen Stelle eine Rechnung von der Mutter an den Seppl. Und da steht nun: "Für 10 Jahre Wohnung 0,00 Mark, für 10 Jahre Essen 0,00 Mark, für Pflege während seiner Krankheit 0,00 Mark, für Flicken, Stopfen und Waschen 0,00 Mark, macht zusammen 0,00 Mark." Seppl las die Rechnung und schwieg still. Nach einer Weile aber schlich er klopfenden Herzens zur Mutter, barg sein Gesicht in ihren Schoß und steckte die 10 Pfennig in ihre Schürzentasche.
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