Missbrauch abgewöhnen

Der treffliche Pfarrer Oberlin hat seiner Schwiegermutter einmal eine heilsame Lektion erteilt. Diese wackere Frau hatte die üble Angewohnheit, bei jeder Gelegenheit "Ach Gott!" auszurufen. Eines schönen Tages saß sie in der Gartenlaube, und Oberlin ging zwischen den Kohlpflanzen spazieren. "Schwiegermutter, sieh, eine Raupe!" rief er plötzlich. "Gut, töte sie!" "Schwiegermutter, schon wieder eine Raupe!" "Was ist da sonderliches dran?" "Schwiegermutter, noch eine, o Schwiegermutter, hier wieder eine!", und so ging's fort. Das war denn der guten Frau doch zu viel, und zornig lief sie ins Haus, sie lasse kein Gespött mit sich treiben. Da ging Oberlin hinter ihr her und sagte mit aller Ernsthaftigkeit zu ihr: "Aber, liebe Mutter, machst du es nicht ebenso Gott gegenüber, wenn du so oft seinen Namen aussprichst, ohne im ernst an ihn zu denken? Kann er sich das wohl gefallen lasen?" Da reichte sie ihm die Hand und sagte: "Du hast Recht, lieber Fritz, und ich will mir diese Unart abgewöhnen." 

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 835
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