Mir geht es viel zu gut!

Max Frommel erzählte folgende bemerkenswerte Geschichte: Einst fragte ich eine liebe Bauersfrau in meiner ersten Gemeinde: "Wie geht's Euch?" Und sie fing an zu klagen über des Lebens Mühe und Not. Ich ließ sie klagen. Zum Schluss aber sagte ich: "Ja, liebe Frau, da müssen wir nun schon den Katechismus miteinander wiederholen. Ich will fragen, und Ihr müsst antworten, trotz Eurer sechzig Jahre",

"1. Wer bist du?" - "Ich bin ein Sünder."
"2. Woher weißt du das?" - "Aus den heiligen zehn Geboten, die habe ich nicht gehalten."
"3. Was hast du mit deinen Sünden verdient?" - "Gottes Zorn und Ungnade, den zeitlichen Tod und die ewige Verdammnis."
"Ist das wahr, was Ihr da gesagt habt?" - "Ja, Herr Pfarrer."

"Und nun sehe ich doch: Ihr habt Euer täglich' Brot, dazu Kleider und Schuh, Haus und Hof, habt einen guten Mann und gesunde Kinder, habt den Herrn Jesum zum Trost und den heiligen Geist zum Licht, habt die Kirche und die Bibel, habt Eure Taufe und das Abendmahl, habt Vergebung der Sünden und die Aussicht ins ewige Leben. Liebe Frau, ich will Euch etwas sagen: Euch geht's viel zu gut." Damit ließ er sie stehen und ging von dannen. Als ich nach etlichen Wochen wieder am Hofe vorüberkam und die Frau von ferne stehen sah, rief ich ihr zu: "Nun Frau, wie geht's?", und mit Lächeln antwortete sie zurück: "O, Herr Pfarrer, mir geht's viel zu gut!"

Quelle: Neues und Altes
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