Meine Mutter ist mein Ideal!
In einer höheren Klasse einer Mädchenschule, so erzählt "Der Pilgerbote" (1933), war Schulinspektion. Der Herr Schulrat legte der Klasse persönlich eine Frage vor:
"Wer von euch hat ein Ideal?" Alles blieb stumm, niemand meldete sich zur Antwort. Man kicherte verlegen, stieß sich unter dem Tische an und wartete, wer die Antwort finden würde. Ein einziger Finger streckte sich in die Höhe, und ein Gesicht, rotglühend vor Begeisterung, mit leuchtenden Augen, zeigte schon, dass dieses Mädchen etwas zu sagen wusste. "Meldet sich denn nur eine, die Liesel, sonst keine von euch?" Fragte der Schulrat. "Dann sage uns dein Ideal, liebes Kind!" und fast jauchzend kam es von den Lippen: "Meine Mutter ist mein Ideal!" Es war, als schwebte mit diesen Worten "meine Mutter" etwas Heiliges durch den Klassenraum und füllte alle Ecken mit Licht.
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