Mathilda Wrede - Leibeigene Gottes
Mathilda Wrede, bekannt als "Engel der Gefangenen", wurde in ihren letzten Lebensjahren von den Mönchen von Valamo auch noch "Mutter auf Erden" genannt. Als sie einmal auf Besuch in dem Kloster war, das auf einer Insel hoch droben im Norden von Finnland liegt, sah sie auf dem Klosterfriedhof die Gräber der Mönche. Alle waren ganz gleich: Ein grüner Hügel mit einem von den Wogen des Ladogasees rundgeschliffenen grauen Stein, nur mit der kurzen Inschrift: "Gottes Leibeigener", und darunter der Name des Toten. Sie äußerte, wie gut ihr solch ein einfacher Grabstein gefalle.
Kurze Zeit nach ihrer Rückkehr nach Helsinki wurde ihr eine große Kiste überbracht, die von Valamo kam. Sie enthielt nichts als einen runden, grauen Stein, genau wie die der verstorbenen Mönche und mit derselben Inschrift, nur dass ihr Name darauf stand.
Dieser Stein lag dann in einem großen Lehnsessel neben ihrem Bett. Oft hat "der Engel der Gefangenen" auf dem Krankenlager an die Befreiung und an den Frieden gedacht, die darin liegen, wenn man ein "Leibeigener Gottes" wird, und sie hat für die gebetet, die sich noch in den Sklavenketten ihres Eigenwillens und ihrer eigenen Lüste abmühen, als Leibeigene der Sünde.
Bis sie dann in einer Christnacht - wie sie selbst früher gesagt hatte - "über die große Grenze ging", und ihr Leib dann unter dem einfachen grauen, Stein vom Ladogasee zur Ruhe gebettet wurde.
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