Liebe zum Herrn treibt Menschenfurcht aus
Es gibt noch eine andere Furcht, die manchen Erwachsenen und manches Kind beschleicht, das ist die Menschenfurcht. Die ängstliche Frage: "Was werden die Leute dazu sagen?", bestimmt uns oft mehr bei unseren Handlungen, als die Frage: "Was würde Jesus dazu sagen?" Da ist also die Menschenfurcht größer als die Liebe zu Jesus, und das darf ja nicht sein.
Ein indischer Königssohn hatte einmal seinen Vater schwer erzürnt und wurde von ihm zum Tode verurteilt. Die Großen des Hofes aber liebten den jungen Königssohn und flehten um sein Leben. Da ließ der König eine Schale aus Kristall bringen, füllte sie bis an den Rand mit Wasser, gab sie dem Sohn in die Hand und sprach: "Trage diese Schale durch die ganze Stadt und wieder zurück zu mir, aber vergieße nicht einen Tropfen dabei. Ein Mann wird mit einem gehobenen Schwerte dicht hinter dir hergehen, und sowie der erste Tropfen über den Rand der Schale fällt, wird auch das Schwert niederfallen und dir den Kopf vom Rumpf trennen."
Der Königssohn nahm die Schale, und langsam, langsam begann der Marsch durch die Stadt. Eine ungeheure Volksmenge wanderte mit, an allen Türen, an allen Fenstern sammelten sich neugierige Gesichter, ja, selbst auf den Dächern drängten sich die Schaulustigen.
Der Prinz wanderte langsam Schritt für Schritt weiter, die Augen fest auf die Schale gerichtet, Schweißtropfen perlten ihm auf der Stirn. Endlich, endlich kam er vor dem Vater an und überreichte ihm die Schale, kein Tropfen war verschüttet. Der König schloss den Sohn in die Arme: Er war gerettet. "Was haben denn die Leute für Gesichter gemacht, als sie den Königssohn so gehen sahen?", fragte er. "Ich weiß es nicht," sprach der Sohn, "ich habe nichts gesehen, ich hielt meine Augen nur auf die Schale gerichtet."
Der Königssohn hatte recht getan, sein Leben hing ja von der Schale ab. Und er liebte sein Leben. Sollten wir nicht Jesum noch viel mehr lieben und aus Liebe zu Ihm alle Menschenfurcht überwinden? Völlige Liebe treibt die Furcht aus.
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