Lebenslauf von William Carey

»Erwartet große Dinge von Gott und tut große Dinge für Gott!«
William Carey 17. August 1761 bis 9. Juni 1834
Vom Schuhmacher zum Missionar
Als ältester von fünf Söhnen eines Webers wurde William Carey am 17. August 1761 in der Grafschaft Shakespeares geboren. Mit sechs Jahren kam William ins Schulhaus, wo sein Vater angefangen hatte, Unterricht zu erteilen. Die holländische Mutter nahm nie großen Anteil am Werdegang ihres Kindes. William sammelte von Kind an Pflanzen und Insekten, die er sorgfältig einreihte und bezeichnete. Bücher wie John Bunyans »Pilgerreise« fesselten ihn früh. Es gab für ihn keine andere Berufsaussicht, als im fünfzehn Kilometer entfernten Nachbardorf den Beruf des Schuhmachers zu erlernen. Der älteste Lehrling dort gehörte zu einer Gruppe religiöser Separatisten, auf die William recht allergisch reagierte. Sie hatten beim Schuhflicken endlose Diskussionen über religiöse Themen.
Vom 16. bis zum 28. Lebensjahr war William als Schuhmacher tätig. Nach der harten Wochenarbeit musste er an den Wochenenden die Produkte seiner Hände in die Stadt Northampton bringen. Als sein zweiter Lehrmeister starb, übernahm William dessen Geschäft, sorgte für die Hinterbliebenen und heiratete eine Verwandte des Verstorbenen. 
An der Ladentür war zu lesen: »An- und Verkauf von gebrauchtem Schuhwerk«. Der Inhaber war aber kein gewöhnlicher Handwerker. Schon mit zwölf Jahren hatte William angefangen, autodidaktisch Latein zu lernen. Wenig später lernte er mit der Hilfe eines Pfarrers auch Griechisch und Hebräisch. Er hungerte danach, Bücher zu kaufen, und bald lernte er auch Französisch. Sein notdürftiges Auskommen erwarb er sich durch Privatunterricht in den Abendstunden.
Am 10. Februar 1779 hörte der 18-jährige in der Congregational-Kirche von Olney eine Predigt über Hebr. 13,13. Der Ruf in die Nachfolge erfasste ihn mächtig. Er bekehrte sich und nahm die Schande eines Separatisten auf sich, indem er nun Christus nachfolgte, und bat den bekannten Pastor Ryland, ihn zu taufen.
Gründung der Englischen Mission
Reverend Ryland bekannte später einmal vor der Missionsgesellschaft:
»Ich taufte in Northampton einen armen, wandernden Schuhmacher, mit nicht der geringsten Ahnung, dass der Mann neun Jahre später das Werkzeug zur Gründung der ersten Gesellschaft werden sollte, die englische Missionare aussenden würde, um den Heiden das Evangelium zu sagen. Das war aber, wie sich zeigen sollte, die Absicht des Höchsten, welcher dafür nicht einen besonderen Mann bestimmte, sondern einen einfachen Schuhmacher.«
Täglich hielt William Morgenwache in Hebräisch, Griechisch, Latein und Englisch. Er predigte mit solcher Vollmacht, dass die Leute von weither zusammenströmten, um ihn zu hören. Es war wie eine neue methodistische Erweckung, dieses Mal von einem Baptisten ausgelöst. Seine Gebete trugen Früchte. Die Baptisten setzten ihn am 10. August 1786 als Prediger ein, da, wohin er berufen wurde. Das war nach wenigen Monaten am 29. April 1787 durch die Gemeinde der »Church of Christ« in Moulton der Fall. Als Dorfpfarrer, Schulleiter und Schuhmacher hatte er aber so wenig Einkünfte, dass er sich in materieller Notlage befand. So nahm er dankbar die Hilfe seines Bruders an.
In dieser Zeit kamen ihm beim Schuhflicken immer wieder Gedanken an die Millionen von Heiden, die bisher keine Ahnung vom Evangelium hatten und von denen die Reiseberichte von James Cook (1728-1779) eingehend berichteten. Es wurde ihm klar, dass Christus auch für sie gestorben war. Da er aber nur auf Kopfschütteln und Unverständnis stieß, entschloss er sich zur Abfassung der inzwischen berühmt gewordenen Schrift: »Eine Untersuchung über die Verpflichtung der Christen, Mittel und Wege zur Bekehrung der Heiden einzusetzen, worin der religiöse Zustand der Völker der Welt, der Erfolg früherer Unternehmungen sowie die Durchführbarkeit weiteren Vorgehens behandelt werden.«
Millionen warten auf das Evangelium
In dieser Schrift ermittelte er eine Weltbevölkerung von 731 Millionen, wovon 420 Millionen Heiden, 130 Millionen Moslems, 100 Millionen Katholiken, 44 Millionen Protestanten, 30 Millionen Orthodoxe und 7 Millionen Juden seien. Zusammen mit dem Bauernsohn Andrew Fuller entwarf er einen Plan, wie Indien und ganz Asien zu Christus gebracht werden könnten, wenn man ihnen die Bibel in ihren Sprachen gäbe. Bekannte Kirchenleute bezeichneten diesen Entwurf als Hirngespinst junger Leute, aber Gebet, Glaube und Berufung auf die göttlichen Verheißungen führten 1784 zwölf junge Baptistenprediger zu regelmäßigem Gebet zusammen, um für eine Ausgießung des Heiligen Geistes unter den Heiden zu beten.
Als William Carey am 24. Mai 1791 in der neuen Gemeinde von Harvey Lane in Leicester eingeführt wurde, gab es für ihn nur ein Thema: »Die Evangelisation der Heiden«. Am 31. Mai 1792 predigte er im Pfarrkonvent von Nottingham und rief den anwesenden Kollegen zu:
»Erwartet große Dinge von Gott und tut große Dinge für Gott!«
Am 2. Oktober 1792 fand im Hause der Witwe Wallis in Ketterring eine weitere Zusammenkunft statt. Man besprach Careys Schrift »Essay« und gründete die erste englische Missionsgesellschaft unter dem Namen »Baptistische Missionsgesellschaft zur Verbreitung des Evangeliums unter den Heiden«. Ein fünfköpfiges Komitee unter Leitung von Careys Freund Fuller übernahm die Leitung der Gesellschaft. In der entscheidenden Sitzung wurde über das Land diskutiert, wohin man zunächst gehen wolle. Fuller sagte, es gebe eine Goldmine in Indien, die aber so tief sei wie die Mitte der Erdkugel. Wer würde es wagen, dahin zu gehen? Carey sagte: »Ich will hingehen, aber ihr Brüder müsst mich anseilen und das Seil festhalten.« - »Das versprechen wir drei, Fuller, Sutcliff und Ryland, solange wir leben!«
Fünf Monate mit dem Schiff nach Indien unterwegs
Die Vorbereitungen für die Ausreise liefen nun auf Hochtouren. Unter großem Bedauern sah man in Harvey Lane den beliebten Prediger nach Indien ziehen. Am 20. März 1793 wurden Pastor William Carey und Dr. med. John Thomas verabschiedet. Wie bei Paulus und Barnabas in Antiochien, wurden die beiden von Andrew Fuller unter anhaltendem Gebet eingesegnet und ausgesandt, nachdem er zum Abschied über das Ziel des Auftrags und die Schwierigkeiten gesprochen hatte, aber auch über die große Belohnung ihres Dienstes.
Nach einer beschwerlichen Schiffsreise von fünf Monaten landeten sie am 11. November 1793 in Kalkutta, einer Stadt mit damals 200 000 Einwohnern. Die letzte Taufe hatte dort im Jahre 1707 durch die Herrnhuter Missionare stattgefunden. Das NT war bereits ins Tamilische übersetzt, und die einheimische Gemeinde umfasste etwa eine halbe Million nominelle Mitglieder. Die Aufklärung in Deutschland und Dänemark hatte aber die Aussendung weiterer Boten des Evangeliums verhindert, sodass die Kirche alle Kraft verloren hatte. Ein Versuch der Böhmischen Brüder zeigte im Jahre 1777 auch keinen Erfolg.
Schwerster Anfang der Missionsarbeit von William Carey
Mit der Ankunft von William Carey und John Thomas begann die christliche Mission erneut. Die ersten Erfahrungen sahen aber düster aus, denn die gesamte Regierung von William Pitt über das Parlament von Westminster, die Gouverneure und die gesamte Ostindische Kompanie sträubten sich gegen eine Evangelisierung der Eingeborenen. So musste sich Carey vorerst außerhalb Kalkuttas in einer primitiven Holzhütte niederlassen, ehe er mit der Zeit eine Anstellung als Indigopflanzer im Hinterland von Madras finden konnte.
Bei dieser unverdächtigen Tätigkeit fand er bald den gewünschten Kontakt mit den Einheimischen, sodass er sich ihre Sprache in kurzer Zeit aneignen und mit ihnen wichtige Gespräche führen konnte. Seine Sprachbegabung kam auch hier voll zum Tragen. Wenn er einem Brahmanen die Wege Gottes mit den Sündern und die Torheit des heidnischen Götzendienstes auseinandersetzte, wurden seine Partner bald stumm. Die lauschende Menge aber schrie: »Warum beantwortet ihr die Fragen des Engländers nicht?« Carey gewann schnell die Sympathien der Inder.
Insgesamt 34 Übersetzungen von William Carey
Die Gespräche mit Moslems und Brahmanen kamen schnell voran und Carey erlebte den Heiligen Geist als den besten Sprachlehrer. Mit Hilfe seines treuen Übersetzers Ram Basu, der sich zwar nie für Christus entschied, ihm aber jahrelang unschätzbare Dienste leistete, übersetzte Carey in erstaunlich kurzer Zeit die Bibel in das Bengalische und gewann so die Herzen von 37 Millionen Bengali sprechenden Hindus und Moslems. Das erste Bengali-NT war 1796 fertig. Mit Hilfe von Ram Basu und einer Schar von weiteren Helfern war 1801 die erste gedruckte Auflage von 2000 Exemplaren fertig. Mit Hilfe der zwei neuen Missionare Marshingham und Ward sowie seines eigenen Sohnes Felix wurden die großen technischen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Druck bewältigt. So erlebten sie den Heiligen Geist auch in organisatorischen Fragen. 
Nachdem das letzte Blatt der Bengali-Bibel am 7. Februar 1801 vorlag, erschienen zu Careys Lebzeiten noch fünf weitere Auflagen des AT und acht Auflagen des NT in Bengali. Mittlerweile hatte sich das Sprachgenie William Carey bemüht, auch Sanskrit zu lernen.
Sanskrit war die Schlüsselsprache zu allen indischen Sprachen
Sanskrit galt nämlich als Schlüsselsprache im indischen Sprachengewirr. Mit Hilfe wertvoller Übersetzer und Partner, die er durch sein gewinnendes Wesen für diese Aufgabe begeistern konnte, erstellte er ein Wörterbuch und schuf neue Begriffe für Gott, Sünde, Erlösung und Gnade und legte schließlich unter unglaublichem Einsatz auch den Bibeltext mit Ausnahme von Josua bis Hiob in Sanskrit vor. Das waren aber nur die zwei ersten von insgesamt 34 Übersetzungen, von Chinesisch über Burmesisch bis Afghanisch und Persisch, die Carey ganz oder teilweise mit Hilfe einheimischer Mitarbeiter schuf. Der Sprachschöpfer William Carey hatte als erster alle diese Sprachen drucken lassen. Bengalen in Südindien wurde durch ihn das erste nichtchristliche Land, das eine Druckerei erhielt. Alles, was später in dieser Richtung getan wurde, geschah auf der Grundlage der einmaligen Pionierleistung von William Carey.
Doch diese philologische und theologische Aufbrucharbeit im Fernen Osten war keineswegs Careys einzige Leistung auf dem indischen Kontinent.
126 Eingeborenen-Schulen mit über 10 000 Schülern
Nachdem die von ihm und John Thomas gegründeten Schulen 1799 schon vierzig Schüler aufwiesen, wuchs die Arbeit von Monat zu Monat. Als Thomas sein erstes stets überfülltes Spital erbaute, hatten Carey und seine Mitarbeiter bis 1818 insgesamt 126 Eingeborenenschulen gegründet, in denen über 10 000 Schüler unterrichtet wurden. In diesen Schulen erhielten die Kinder Unterricht in Rechnen, Geographie, Sprachen und Bibelkunde.
Die anhaltenden Schwierigkeiten mit den Engländern gegen seine evangelistische Tätigkeit zwangen Carey und seine Mitarbeiter zum Umzug in das gegenüberliegende dänische Gebiet von Serampore, wo er am 10. Januar 1800 an Land ging und wo er von nun an als Apostel für die restlichen 34 Jahre seines Lebens in größtem Segen wirkte. Schulen, Druckereien, Papiermühlen, Spitäler, Heime für Waisen und Witwen wurden gebaut. In diesen dreißig Jahren war Carey stets unterwegs zwischen den beiden 25 Kilometer entfernt liegenden Zentren: Dienstag bis Freitag in Kalkutta und die Wochenenden als Leiter von Serampore. An beiden Orten hielt er Bibelstunden.
Sieben Jahre Verkündigung, ohne dass ein Mensch zum Glauben kam
Sieben Jahre lang predigten William Carey und seine Mitarbeiter in bengalischer Sprache und verbreiteten die erste Auflage des NT, ohne dass sich ein Mensch bekehrt hätte. Endlich am 29. Dezember 1800 fand die erste Taufe des 36-jährigen früheren Gurus Krishna Pal statt. Mit ihm wurde auch Careys Sohn Felix getauft. An der Feier nahmen neben dem Gouverneur auch eine große Anzahl Europäer teil. Krishnas Zeugnis gipfelte in den Sätzen: »Ich war der schlimmste aller Sünder. Jetzt hat mich Christus durch sein Leben erlöst. Dazu gab Er seine eigene Seele preis, damit ich der Welt verkündigen kann: Christus lebt!« Dieses Zeugnis war der Anfang der Kirche in Indien. Vor seinem Heimgang konnte William Carey noch Alexander Duff als Nachfolger einsetzen. Fast alle Mitarbeiter waren vor ihm abgerufen worden. So wandte er sich an den jüngeren Alexander Duff und sagte zu ihm: »Bete!« und: »Rede nicht über William Carey, sondern über seinen Erlöser Jesus Christus!« 
Nach einem erfüllten Leben starb William Carey am 9. Juni 1834 im Kreis seiner Freunde und Mitarbeiter in Indien. 
(Evangeliums Mission 190/2004)

 

Quelle: Unbekannt
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