Lebendig begraben

Der englische Geschichtsschreiber Motley erzählt von einer Dienstmagd namens Anna Vandenover, die durch das Lesen der Bibel ein Eigentum des Heilandes geworden war. Die katholischen Behörden entdeckten diese Tatsache und man stellte sie vor die Wahl, zu widerrufen oder den Märtyrertod zu erdulden. "Kehre zum Katholizismus zurück", sagten ihre Peiniger, "oder du musst sterben!" Sie aber wollte durchaus nicht zurück in das alte Elend.
So führte man sie eines schönen Sommermorgens auf ein Heufeld außerhalb der Stadt Brüssel. Zu beiden Seiten ging ein Jesuit und hinter ihr folgte eine Anzahl fanatischer Mönche. Diese suchten sie noch bis zuletzt zu überreden, ihren neuen Glauben zu verleugnen "und so ihr Leben zu retten und der ewigen Verdammnis zu entrinnen." Aber sie hatte kein Ohr für sie. Sie sagte, dass sie den Himmel offen sehe und dass die Engel herunterstiegen, um sie der Macht des Bösen zu entrücken. 
Als sie an das Heufeld kamen, fanden sie dort ein bereits gegrabenes Loch und der armen Dienstmagd wurde geboten, da hinein zu steigen. Der Scharfrichter begann dann das Loch wieder zu füllen, bis das tapfere Mädchen bis zur Brust in der Erde stand. Nun fragte man sie zum letzten Male, ob sie nachgeben wolle. Da sie dieses jedoch wiederum verweigerte, bedeckte man sie ganz mit Erde und der Scharfrichter sprang solange auf dem Grabe umher, bis es flach getreten und ganz fest geworden war.

Quelle: Der ewig reiche Gott, Dietrich Witt, Beispiel 1232
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