Kettenbriefe

Die Hochflut des Aberglaubens hat in den letzten Jahren etwas abgenommen, Tausenden von Wahrsagerinnen wurde das Handwerk gelegt. Aber unterirdisch fließt noch sein Strom. Besonders nahmen die "Kettenbriefe für das Glück" überhand, gegen deren Unfug sich z. B. die Polizeidirektionen von Stuttgart und Heilbronn wandten. Der Inhalt eines solchen Kettenbriefes lautete z. B.: 
"Sende diese Kette weiter, fertige 9 Abschriften an und sende sie an deine Freunde, denen du Glück und Karriere wünschst, womöglich innerhalb 24 Stunden nach Empfang... Diese Kette soll neunmal um die Erde gehen und jedem Empfänger Glück und Karriere bringen... Dir aber, wenn du es als Scherz auffassest, nicht weitersendest und so die Kette zerreißt, wird Unglück über Unglück zustoßen." 
Es fanden sich in diesem Kettenbrief einige Beispiele von Glückspilzen und daneben gruselige Geschichten von Unfällen solcher, die Seine Majestät den Kettenbrief sträflich misshandelt und in den Papierkorb befördert hatten. "Hüte dich also, das Schicksal herauszufordern!" 
Unter der Kolonne von Empfängern, die sich in abergläubischer Scheu dem Kommando des Kettenbriefes gebeugt und ihre Zeit, Kraft und Briefmarken verschwendet hatten, befanden sich neben vielen Ausländern Proffessoren, Stadträte, Pastoren, Offiziere und Direktoren. Ob die wirklich alle darauf hereingefallen sind? Oder ob man nur mit ihren Namen Unfug getrieben hat?

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 31
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