Ich will das nicht mehr hören!
Busch hatte einmal in seiner reichen Lukasgemeinde über den "Mammon" gepredigt und dabei kein Blatt vor den Mund genommen. Das Thema seiner ernsten Predigt war: "Gerettet oder verloren." Und die Worte wurden gleichsam unterstrichen durch die Steinhaufenbilder, die rechts und links vom Altar in gewaltiger Größe den geretteten und den verlorenen Schächer am Kreuz darstellten, gleichsam als Typen der Menschheit. Nachher kam eine gebildete und wohlhabende Dame aufgeregt in die Sakristei und fragte: "Herr Pfarrer, glauben sie wirklich, dass ich verloren gehen soll, wenn ich nicht ein anderer Mensch werde?" Er antwortete ganz offen: "Das sage ich nicht allein Ihnen, gnädige Frau, das sagt ihnen die Bibel, und dazu bezeugt es Ihr eigenes Gewissen." Da sprang sie auf und rief, alle Höflichkeit vergessend: "Ich will das nicht mehr hören! Ich kann auch die Bilder vom Gericht nicht sehen, mit denen der Maler unsere Kirchenwände bemalt hat. Der steht wohl mit Ihnen im Komplott? Diese Idee kann ich nicht vertragen "Und ich kann Ihnen nur wiederholen", erwiderte Busch, "wenn Sie sich nicht bekehren, dann gehen sie verloren." Da eilte sie zur Tür hinaus. Seitdem kam sie nicht mehr in Buschs Predigten, sondern ging zu einem modernen Prediger. "Der wird sie ja beruhigen und einseifen", sagte Busch bitter, als er davon hörte. Und als er gefragt wurde, warum er denn so hart und offen gesprochen habe, entgegnete er: "Diese Frau hat die Erkenntnis der Wahrheit. Aber sie will ihr nicht gehorchen."
Aus: Busch, "Ein fröhlicher Christ".
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