Herzlich 'gratulieren' zu dem schweren Leid

Der alte Pfarrer hatte schwer an seinem Leid zu tragen. Eine seiner Töchter, Mutter von vier kleinen Kindern, war zusammen mit einer Bekannten und deren sechsjährigem Sohn durch Autounfall - ohne eigenes Verschulden - ums Leben gekommen. Die ganze Gemeinde nahm Anteil an seinem Schmerz. Viele drückten ihm ihr hilfloses, aber ehrliches "herzliches Beileid" aus. Da geschah auch folgendes: Im Schalterraum der Sparkasse kam ein Mann auf ihn zu: "Ich wollte Ihnen noch herzlich 'gratulieren' zu dem schweren Leid...", verhaspelte er sich. Gleich darauf kam er zurück: "Ich glaube, ich hab was Verkehrtes gesagt." - "Ich weiß, wie es gemeint ist", sagte der Pfarrer. Aber dann lief ihm dieser Versprecher doch nach. Hatte nicht Jesus gesagt: "Selig sind die Leidtragenden - ihnen ist zu gratulieren!"? War der Mann mit seiner Beileidsbezeugung vielleicht doch der Seligpreisung Jesu ganz nahe? Hatte ihm etwa ein anderer die Zunge gelenkt, zu sagen, was nur im Blick auf den Jesus der Seligpreisungen und zugleich auf den für uns gestorbenen und auferstandenen Christus gesagt werden darf - aber auch gesagt werden muss?

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 862
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