Gott weiß, warum!

Auf einem märkischen Friedhof liegen sich zwei Gräber mit einer sehr ähnlichen und doch grundverschiedenen Inschrift gegenüber.
Im ersten Grabe liegt ein junger Mann von 20 Jahren. Er ist von politischen Gegnern ermordet worden. Viele Monate lag er irgendwo verscharrt. Dann fand man ihn. Er war der einzige Sohn. Die Mutter war ganz verzweifelt. Darum setzte sie auf den Grabstein außer dem Namen, Geburts- und Todestag nur ein einziges Wort. Dieses Wort ist wie eine drohend zum Himmel erhobene Faust, wie eine einzige Anklage gegen Gott. Es heißt: "Warum?"
Das zweite Grab liegt genau gegenüber. Da liegt ein junges Mädchen begraben. Es ist derselbe Familienname. Ein Jahr später starb sie. Es ist die Tochter. Das letzte Kind der Mutter. Auf ihrem Grabstein stehen drei Worte: "Gott weiß, warum!" Auf dem dunklen Wege des Leides, der zwischen den beiden Gräbern lag, hat die Mutter aus der Verzweiflung des Schmerzes zum kindlichen Vertrauen an Gottes Barmherzigkeit und Güte gefunden.

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 357
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