Gott führt anders, als man zunächst annimmt

F. v. Bodelschwingh las als junger Witschaftsinspektor in einer Schrift: "Tsching, der Chinesenknabe", den Satz: 
"Mit welcher Stirn soll ich (der kleine Chinese war in England zum lebendigen Glauben gekommen) am Tag des Gerichts meinen Landsleuten gegenübertreten, wenn sie mit later Stimme gegen mich zeugen werden, dass ich den Weg zum Himmel gewusst habe, und bin doch nicht zu ihnen gekommen, um auch ihnen denselben zu zeigen?

Diese schlichte Frage fuhr ihm wie ein Blitzstrahl ins Herz, und in demselben Augenblick stand ihm seine Zukunft völlig deutlich vor der Seele: Du darfst ein Bote des Evangeliums werden. Doch wartete er noch auf eine bestimmte Weisung seines Herrn, die er bald danach bekam. Eines Morgens bei Tagesanbruch setzte er sich auf sein Pferd und jagte in den Nachbardörfern umher, um Arbeiter zu dingen für die bevorstehende Ernte. 

Am Vormittag kommt er in ein Dörfchen namens Bublitz. Von der Kirche her hört er Gesang. Er springt vom Pferd und bindet es an einen Baum. Mit Mühe findet er noch einen Platz in der Kirche. Es wird gerade Missionsfest gefeiert, und der Text des Predigers lautet: "Die Ernte ist groß, aber wenig sind der Arbeiter; bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende." (Mt. 9,37).

Mit großem Ernst fragt der Prediger, ob denn nicht einer da wäre in der großen Versammlung, der bereit wäre, nicht nur um Arbeiter zu bitten, sondern selber hinauszugehen. Da klingt aus der Seele des jungen Reiters ein fröhliches "Ja". 

Nach wenigen Wochen macht sich der seitherige Gutsinspektor auf, um in Basel Theologie zu studieren und sich für den Missionsdienst vorzubereiten. - Gott hat ihn anders geführt, als er dachte, nicht in den Dienst der Äußeren, sondern der Inneren Mission. Er ist der Gründer Bethels, der Stadt der Barmherzigkeit geworden. 

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 307
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