Glücklich wer vergeben kann!

Die beiden waren dreiundzwanzig Jahre glücklich verheiratet. Dann, nach monatelanger beruflicher Trennung, kam dieser Brief: "Liebe Edith, ich wünschte, es gäbe eine liebevollere Art, Dir zu sagen, dass wir nicht mehr beieinander bleiben können..." Karl hatte in Japan die junge Aiko kennen gelernt. Er erzwang die Scheidung. Einer inneren Gewissheit gehorchend, bat Edith, Karl möge den Briefwechsel mit ihr nicht abreißen lassen. Eines Tages kam die furchtbare Nachricht: Karl war todkrank. Seine größte Sorge: der Unterhalt seiner jungen Familie. Edith antwortete: Falls Aiko damit einverstanden sei, würde sie seine beiden Töchter aufnehmen. Unter dem Druck der Armut schickte Aiko die Mädchen. Aber auf die Dauer konnte sie die Trennung nicht ertragen. Nach dem Tode des Mannes erwirkte Edith ihr die Einreiseerlaubnis. Während sich beide Frauen auf dem Flugplatz umarmen, geht es durch Ediths Herz: "Lieber Gott, hilf mir, dass ich vergeben kann."
Nach sieben weiteren Jahren schreibt Edith: "Ich habe einen geliebten Menschen verloren, dafür aber drei andere geschenkt bekommen. Ich bin unendlich dankbar."

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 717
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