Geistliche Disziplin
In der Kirchengeschichte gibt es viele Beispiele von Menschen, die diese geistlichen Übungen bis in ungesunde Extreme trieben. Sie geißelten ihren Körper und verachteten jedes Vergnügen. Von solchen Auswüchsen halten wir uns zurecht fern. Wenn ich aber heute ihre Berichte lese, stelle ich fest, dass diese "geistlichen Athleten" ganz freiwillig handelten. Nur wenige schauten mit Bedauern auf ihre Erfahrungen zurück. Wir leben in einer Gesellschaft, die kein Verständnis aufbringt, wenn jemand fastet oder sich zwei Stunden für eine Zeit der Stille ausspart. Profisportler aber, die fünf Stunden am Tag mit Hanteln trainieren und wegen ihres Sports schon Dutzende von Knie- und Schulteroperationen hinter sich haben, werden verehrt. Unsere Abneigung gegen geistliche Disziplin verrät wohl mehr über uns selbst als über die "Heiligen", die wir kritisieren.
(Ph. Yancey, Sehnsucht)
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