Geh zu X.!
Im Städtchen L. hatte sich N., ein gläubiger Christ, nach des Tages Arbeit zur Ruhe gelegt; es war nach neun Uhr abends. Plötzlich kam ihm der Gedanke: Du müsstest jetzt zu X. gehen! X. war ein untreu gewordener Gläubiger, der durch seinen bösen Lebenswandel dem Herrn viel Unehre gemacht hatte. Von den Kindern Gottes, die ihn mit Ernst zurechtwiesen, hatte er sich getrennt; er ging nun seinen Weg allein. X. wohnte weitab am anderen Ende der Stadt. N. wies daher den in ihm aufgestiegenen, wunderlichen Gedanken von sich ab, zumal er ermüdet war. Jedoch jener Gedanke verstärkte sich in ihm wie eine Mahnung, wie ein Befehl: "Gehe zu X.!" Er konnte zuletzt der Überzeugung nicht widerstehen, dass es eine Weisung Gottes sei, dorthin zu gehen.
Er stand auf, kleidete sich an und ging. Vor dem Hause des X. angekommen, sah er nur im zweiten Stock erleuchtete Fenster; er klopfte an die verschlossene Haustür und merkte alsbald, dass jemand herunterkam. Die Tür wurde von innen aufgeschlossen, und vor ihm stand mit der Lampe in der Hand X., der ihn fragte: "Was führt dich her, was willst du?"
"Mich hat ein unerklärlicher Drang hergetrieben; ich weiß nicht, was ich soll, aber ich musste zu dir kommen!"
"Dies ist sehr wunderbar", entgegnete X., "denn als du an die Haustür klopftest, stand ich gerade auf einem Schemel, hatte die Schlinge um den Hals gelegt und den Strick durch den Lampenhacken an der Decke gezogen, um mich aufzuhängen! Als es unten klopfte, dachte ich: du kannst ja erst nachsehen, wer da noch so spät abends klopft." - Durch den Gehorsam dieses Jüngers Jesu war der Mann vom Tode gerettet worden.
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