Furcht und Furchtlosigkeit gegenüber dem Tod

Der große italienische Dichter Leopardi, der in köstlichen Reimen den Tod ersehnte, war der erste, der in kläglicher Angst aus dem von der Cholera heimgesuchten Neapel floh. Montaigne, der seine gelassenen Betrachtungen über den Tod schrieb, riss aus wie ein Hase, als die Pest in Bordeaux ausbrach. Der Philosoph Schopenhauer, dem die Verneinung des Lebens Grundstein seiner Lehre war, pflegte jedes Gespräch über den Tod abzubrechen.
Aus: Arel Munthe, "Das Buch von San Michele", 1931, S. 9

Wie anders haben sich Männer und Frauen des biblischen Glaubens bewährt. Luther, der während der Pestzeit in Wittenberg auf seinem Posten blieb, obgleich der Kurfürst ihn entfernen wollte; Amalie Sieveking, die 1831 in Hamburg ins Choleraspital zur Pflege eintrat und in ihrem Dienst treu ausharrte, obwohl die Ärzte ihrem Vorhaben zuerst mit Staunen und Zweifeln begegneten; Valerius Herberger, Pfarrer zu Franstadt, besuchte während der Pestzeit, die 2135 Einwohner wegraffte, unermüdlich die Kranken, begrub oft mit dem Totengräber allein die Toten und sang sein "Valet will ich dir geben."
Nach Prälat D. Traub, Stuttgrt.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 912
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