Es war keine Liebe drin!
Wilhelm Busch erzählt: Ein düsterer, roter Backsteinbau in einer lauten Straße. Hier hat die große Industriestadt ihre unversorgten Alten untergebracht.
Es ist ein seltsames Trüpplein, diese alten Leute! Der da mit der hohen Gestalt hat einmal bessere Tage gesehen. Kein Mensch weiß, wie er hierher geraten ist. Einsam geht er durch seine Tage. Auch hier noch verschanzt er sich gegenüber seinen Leidensgefährten hinter großer Vornehmheit.
Und das Mütterchen da. Wie ein spannender Roman ist es, wenn sie ihre Lebensgeschichte erzählt.
Und jener dort war einmal Schneidermeister. Nun hat er von der alten Herrlichkeit nichts gerettet als seinen schwarzen Rock, an dem er beständig näht und bügelt, um ihn sonntags in stets neuem Glänze zu zeigen.
Einer fiel mir immer besonders auf. Der hatte einen merkwürdig traurigen Zug im Gesicht. Eines Tages erzählte er mir seine Geschichte. Ganz einfach war sie. Mühe und Arbeit war sein Leben. Nun war die Frau tot, die Tochter verheiratet. "Besucht denn Ihre Tochter Sie ab und zu?" Da wird sein Gesicht bitter: "O nein, sie mögen mich nicht."
Eines Tages hat er eine neue Wolljacke an. "Die ist aber schön warm. Wo ist denn die her?"
"Von meiner Tochter."
"Hat Sie Ihnen ein Paket geschickt? Das ist aber nett."
"Ja", erwidert er, "sie sorgt schon für mich, wie es nötig ist, da kann ich nicht klagen. Es war allerhand Schönes in dem Paket, aber..."
Ich unterbreche ihn. "Das ist doch fein, da gibt's doch kein Aber!"
Er will sich abwenden. Ich halte ihn fest: "Nun sagen Sie mir, was Sie am Paket Ihrer Tochter auszusetzen haben!"
Da schaut er mich unendlich bitter und traurig an und sagt: "Es war keine Liebe drin!"
Auf einmal verstand ich den Alten. Und ich verstand noch mehr. Ich verstand, warum viele von den Alten hier so bitter aussehen. Gewiss, sie haben eine Wohnung und Essen und Kleidung. Gewiss, sie sind versorgt. Aber - es ist keine Liebe drin!
Du Gotteskind! Die Welt, in der du stehst, braucht dich! Sie braucht nicht deine Redensarten, nicht deine sittlichen Entrüstungen und was du sonst dergleichen billig feil hast.
Du Christ: Die Welt von heute braucht von dir - Jesusliebe.
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