Es geht um Ihr Bürgerrecht!

Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges erließ Benito Mussolini, der italienische Diktator, eine Verordnung, die es seinen Landsleuten untersagte, in die Vereinigten Staaten von Amerika auszuwandern. In einer italienischen Stadt waren zwei Männer von diesem Erlass betroffen. Sie hatten in den USA gelebt, und Amerika war ihnen zur Heimat geworden.
Einer der beiden war ein hoch angesehener Bankier. Als junger Mann hatte er Italien den Rücken gekehrt und war in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Durch seinen Fleiß brachte er es bald zu Wohlstand und Ansehen. Aber um die Erfüllung der Voraussetzungen, die nötig sind, Staatsbürger der USA zu werden, kümmerte er sich nicht. Zwar wohnte er in Amerika und hatte die Vorteile dieses Landes für sich in Anspruch genommen. Er konnte schließlich sechs Nullen hinter sein Vermögen setzen. Doch das amerikanische Bürgerrecht galt für ihn nicht. Er war und blieb ein Bürger Italiens.
Dieser Bankier hatte gerade alle Vorbereitungen getroffen, um in die Vereinigten Staaten zurückzukehren. Da kam Mussolinis Erlass heraus. Aber dies beunruhigte ihn zunächst nicht besonders. Zuversichtlich begab er sich auf das amerikanische Konsulat. Dort verlangte er den Konsul persönlich und bat ihn, dafür zu sorgen, dass er sein Visum bekäme. Wie überrascht und verärgert war er, als er von dem Konsul hörte, dass er keine Aussicht habe, ausreisen zu dürfen! Erst protestierte er dagegen. Dann schäumte er vor Wut. Es half nichts. Er bat. Er flehte. Ohne Erfolg. Denn er war nicht Amerikaner, sondern Italiener. Sein Reichtum, seine privaten und geschäftlichen Verbindungen, sein fehlerfreies Englisch  -  alles konnte ihm nichts helfen. Er musste in Italien bleiben.
Der andere Mann war ein einfacher Typ. Bauer von Beruf. Er hatte nur wenige Jahre in Amerika gelebt, sprach nur gebrochen Englisch und hatte keine amerikanischen Manieren. Aber er wollte nach drüben. Zurück in die USA, seine neue Heimat.
Er sprach bei dem zuständigen Beamten vor und bat um Erlaubnis, Italien verlassen zu dürfen, um nach Amerika zu fahren. "Aber sind Sie auch Bürger der Vereinigten Staaten?", fragte der Beamte. Da leuchteten seine braunen Augen. "Oh, yes!" Und dann sprudelte es nur so aus ihm heraus in einer Mischung von Italienisch und Englisch. "Ich bin Staatsbürger der USA! Ich habe den Eid auf die amerikanische Verfassung geleistet! Und sehen Sie, hier sind meine Papiere!"
Der Konsulatsbeamte prüfte die Ausweise und drückte einen Stempel hinein. "Sie können in die USA fahren", sagte er lächelnd, "Sie sind ja Amerikaner. Der Erlass Mussolinis gilt für Sie nicht!" 

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 237
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