Erhalten Sie Bethel und uns Ihre Liebe!

Wilhelm Busch erzählt: Pfarrer Friedrich von Bodelschwingh in der großen Epileptischen-Anstalt Bethel gehörte zu den ganz seltenen Leuten, die gewinnen, wenn man sie näher kennen lernt. Bei den meisten Menschen ist es ja umgekehrt. Da kann man zunächst fasziniert sein. Aber wenn man sie genauer kennt, kommt die große Enttäuschung.

Also  -  bei Bodelschwingh war es anders. Und das hatte seinen Grund darin, dass man ihm eigentlich nie allein begegnete. Wenn man mit ihm zusammen kam, traf man zugleich den Herrn Jesus. Eigentlich sollte es ja bei allen Christen so sein, dass sie "etwas Heilandsmäßiges" an sich haben. Von diesem Pastor Fritz hat mir kürzlich ein Freund eine kleine Geschichte erzählt. Die ist so schön, dass ich sie nicht für mich behalten kann.

Mein Freund hatte ein herrliches Gut in Ostpreußen. Das Gutshaus war schon seit Generationen der Mittelpunkt frommer und erweckter Kreise. Und gerade für die Anstalt Bethel hatte man dort eine große Liebe. Es sind viele und reiche Gaben nach Bethel gegangen. Und wenn der Gutsherr einmal auf seinen Reisen nach Bethel kam, wurde er als ein einflussreicher Förderer der Anstalt ehrenvoll aufgenommen.

Aber dann kamen der große Krieg und der schreckliche Zusammenbruch. Der Gutsherr verlor alles, wirklich alles. Nach entsetzlichen Irrfahrten, bei denen er wie ein Bettler durchs Land irrte, kam er endlich mit seiner Frau und seinen neun Kindern in der Lüneburger Heide an  -  ein heimatloser Mann.
So machte sich der Mann wieder auf, eine Heimat zu suchen. Auf dieser Fahrt kam er eines Abends zwischen 23 Uhr und Mitternacht an das Pförtnerhäuschen der Anstalt Bethel.

Schüchtern fragte der Heimatlose, ob er Pastor von Bodelschwingh noch sprechen könne. Der Pförtner runzelte die Stirn: "So spät? Ob das wohl noch geht?" Aber er rief dann doch an und bekam die Antwort, man möge den Gast sofort zu Bodelschwingh bringen. Verlegen, zerlumpt, unrasiert und halb verhungert stand der heimatlose Mann dann vor Bodelschwingh und erklärte mit einem matten Lächeln: "Ja, nun bin ich selbst ein ,Bruder von der Landstraße'!"

Und was tat Pastor Fritz? Er schloss den Mann in seine Arme und sagte, demütig bittend: "Erhalten Sie Bethel und uns Ihre Liebe!"
Dem elenden Mann liefen die Tränen über das müde Gesicht, als er sah, wie der Gebende sich zum Bettler machte und den Bittenden zum Geber erhob...
O ja, Christen dürfen "Heilandsmäßig" sein!

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 395
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