Erfahrung eines gläubigen Kaufmanns

"Als ich selbstständig wurde," so erzählt ein gläubiger Kaufmann, "fasste ich den festen Entschluss, mit der Hilfe des Herrn Ihm mit meiner Familie in gewissenhafter Aufrichtigkeit zu dienen. So hielt ich mehrere Jahre hindurch jeden Morgen und Abend mit meiner Familie und meinen Untergebenen Hausandacht. Der Segen Gottes, den wir gemeinschaftlich vom Herrn erflehten, kehrte reichlich bei uns ein: meine Familie erfreute sich des besten Wohlseins und allen Glücks. Auch meine Geschäfte gingen immer besser und gewannen immer mehr an Ausdehnung. Statt nun um so dankbarer mich an den Herrn zu halten, ließ ich mich durch mein betrügliches Herz verleiten, die Hausandacht aus Rücksicht auf mein ausgedehntes Handelsgeschäft aufzugeben. Zunächst ließ ich meine Leute von der Hausandacht fern bleiben und später betete ich nur noch ganz kurz beim Aufstehen mit meiner Frau. Da gebrauchte der Herr nach Seiner großen Barmherzigkeit ein Mittel, das mich plötzlich wieder aufweckte und mir meine versäumte Pflicht gewichtvoll ans Herz legte.
Ich erhielt nämlich eines Tages einen Brief von einem jungen Mann, der früher das Kaufmannsgeschäft in meinen Hause erlernt hatte zur Zeit, als ich noch regelmäßig Hausandacht hielt. Man denke sich meine Überraschung und Scham, als ich folgende Worte las: 'Mein lieber Herr, nie, nie werde ich Ihnen genug danken können für die mir geschenkte Erlaubnis, an Ihrer Hausandacht teilzunehmen. Die Ewigkeit wir nicht zu lang sein, um Gott zu preisen für das, was ich in Ihrem Hause gelernt habe. Hier fing ich an, meinen elenden Sündenzustand zu erkennen, hier vernahm ich zum ersten Mal die frohe Botschaft vom Heil in Christus, hier hatte ich einen Vorgeschmack vom Frieden und der unaussprechlichen Freude, welche Christus mir erworben hat. Verzeihen Sie, mein Herr, wenn ich Sie bitte: Nie, nie ziehen Sie Ihren Hausgenossen die gegebene Erlaubnis zurück, an der Hausandacht teilnehmen zu dürfen! Sie haben jetzt eine zahlreiche Familie und mehr Lehrlinge als früher; möchte Ihr Haus für alle der Geburtsort ewigen Lebens werden!'
Weiter konnte ich nicht lesen. Jede Zeile war für mich ein Urteilsspruch. Tief beschämt zog ich mich in mein Zimmer zurück, wo ich dem Herrn meine Sünden bekannte und Ihn um Verzeihung bat. Er ließ mir ein neues Licht in meinem gebrochenen Herzen aufgehen. Von neuem weihte ich mich und meine Familie dem Herrn und tat das Gelübde, lieber einen Geschäftsgewinn dem Herrn, als den Dienst des Herrn dem Geschäftsgewinn zu opfern."

Quelle: Der ewig reiche Gott, Dietrich Witt, Beispiel 1280
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