Er wartete vergeblich auf ein Dankeswort

In einer Vorstadt Londons hielt vor einem glänzenden Laden ein elegantes Fuhrwerk. Eine Dame stieg aus, um eine Kleinigkeit zu kaufen, ihr kleines Mädchen ließ sie derweil im Wagen sitzen. In dem Augenblick, als sie den Laden betreten wollte, wurde das junge Pferd scheu durch einen vorüberfahrenden, elektrischen Straßenbahnwagen, es begann davonzujagen, und mit rasender Geschwindigkeit flog das leichte Gefährt die Straße entlang und gerade einem steilen Abhange zu. Die arme Mutter schrie laut auf in qualvoller Angst, sie sah den sichern Tod ihres Lieblings vor Augen. Knapp vor dem Abgrund aber sprang ein Mann, der dort mit Erdarbeiten beschäftigt war, auf, er sah die Gefahr und die Todesangst der Mutter, mit Aufbietung all seiner Kräfte warf er sich dem rasenden Tiere entgegen und brachte es zum Stehen. Das kleine Mädchen war gerettet, der Retter aber lag blutend, zerstoßen, zerquetscht, zerschlagen am Boden. Das Letzte, was er sah, bevor sein Bewusstsein schwand, war, dass die Mutter voll Seligkeit ihr gerettetes Kind in die Arme schloss.
Als er wieder erwachte lag er im Krankenhaus. Entsetzlich war er zugerichtet, die Ärzte erklärten es für unmöglich, sein Leben zu erhalten, er litt unsägliche Schmerzen. Aber ein glückliches Lächeln schwebte um seine Lippen. "War die Dame schon hier?" Er freute sich unendlich auf das Dankeswort der Dame. Sie war noch nicht da gewesen. "Aber sie kommt," dachte der Kranke. Stunde um Stunde erwartete er sie. "Kommt die Dame nicht?", fragte er immer wieder sehnsüchtig die Schwester, sie kam nicht. Die Sehnsucht nach ihrem Dankeswort fachte sein glimmendes Lebensfünkchen immer wieder an, "Kommt die Dame nicht?", kam es wieder und wieder über seine schmerzverzogenen Lippen. Noch mit brechenden Augen hauchte er diese Frage - umsonst, die Dame kam nicht, sie hatte den Retter ihres Kindes ganz vergessen, er musste sterben ohne Dankeswort.

Quelle: Unbekannt
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