Er ist doch mein Bruder!

Ein Arzt erzählt: Vor der Tür stand der Seppli aus der Bachwies. Er habe mit seinem Bruder auf dem Heustock gespielt. Und dann habe ihn sein Bruder vom Heustock zur Tenne hinuntergestoßen. Die Untersuchung ergab, dass ein beträchtlicher Teil der Kopfhaut abgerissen war. Das ergab eine schwierige Operation. Mit etwa zwanzig Haften musste die abgerissene Kopfhaut wieder an ihrem alten Platz befestigt werden. Der kleine Seppli verhielt sich während der über eine Stunde dauernden Prozedur mäuschenstill. Kein Zappeln und kein Wehklagen. Endlich war es geschafft. Als er dann in seinem dicken Verband weggehen wollte, gab ihm meine Mutter eine Tafel Schokolade als Belohnung für das Stillehalten. Sie riet ihm, sie auf dem Heimweg zu essen. Aber der sagte: "Nur die Hälfte, die andre bringe ich meinem Bruder Andreas." Aber der Andreas habe ihn doch zur Tenne hinuntergestoßen! Da blitzten die Augen des Seppli unter dem Verband: "Er ist doch mein Bruder!"

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 878
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