Eine beliebte Religion

C. H. Spurgeon:
Ich erinnere mich, einst von einem Kutscher gefahren zu sein, der mir erzählte, er kenne einen gewissen Prediger - ich will nicht sagen, welcher Gemeinschaft er angehörte - welcher seit mehreren Monaten die Gewohnheit habe, sich neben ihn auf den Bock zu setzen und auf und ab zu fahren; "Aber", fügte er hinzu, "dieser Prediger ist ein Mann von dem Schlage, den ich gern mag." 
"Und was ist das denn für ein Schlag Leute?", fragte ich. 
"Nun sehen Sie, mein Herr", antwortete er, "er ist doch ein Prediger und ich mag ihn deshalb so gern, weil er seine Religion niemand aufdrängt. Ich habe ihn in den sechs Monaten, während welcher ich ihn fahre, noch nie ein einziges Wort über seinen Glauben sagen hören, sodass ich ihm das Zeugnis geben kann, dass er niemand lästig wird."
Ich fürchte, dass es viele sogenannte Christen von diesem Schlage gibt und ich fürchte, dass ihr Christentum nicht viel wert ist. Sie drängen ihre Anschauungen niemand auf und ich denke mir, der Grund davon liegt darin, das sie selber nichts haben, das sie andern aufnötigen können; denn die wahre Gottseligkeit ist eins der aufdringlichsten Dinge in der Welt. Sie ist Feuer und wenn du dies Feuer in dein Haus bringst und ihm gebietest, nicht zu brennen, so wirst du finden, dass, während du das Gebot aussprichst, das Brennen bereits angefangen hat.

Quelle: Das Buch der Bilder und Gleichnisse (2000 der besten Illustrationen), Charles Haddon Spurgeon, 1904, Beispiel 1038
© Alle Rechte vorbehalten