Ein Meister der Kindererziehung
Ein Meister der Kindererziehung war der originelle schwäbische Pfarrer Flattich (gest. 1797), weswegen ihm auch die schlimmsten Knaben anvertraut wurden. So bekam er einmal einen kleinen Faulpelz, der, statt das Schreiben zu lernen, nur immer i-Tüpfelein machen wollte. Da ließ ihn Flattich seitenlang und tagelang nur ein Pünktlein machen, bis er dessen überdrüssig wurde und gerne nun auch Buchstaben schreiben wollte. Ein andermal traf er in später Nachtstunde Knaben beisammensitzen und Kartenspielen. Da setzte er sich zu ihnen, spielte auch mit, und zwar Stunde um Stunde, bis der Morgen graute und die Spieler vor Schlaf und Müdigkeit sich nicht mehr zu helfen wussten. Dadurch war ihnen die Lust zum Kartenspielen für immer vergangen.
Eines Tages brachte ihm ein Oberamtmann seinen Sohn, von dem er klagte, dass "Hopfen und Malz an ihm verloren" sei.
"Was haben sie denn schon mit ihm angefangen?" fragte ihn Flattich. -
"Gehörig durchgehauen." -
"Was weiter?" -
"Eingesperrt." -
"Was weiter?" -
"Nichts zu essen gegeben."
"Und sonst?"
"Sonst wusste ich nichts mehr." -
"Haben sie auch schon für ihn gebetet?", fragte jetzt Flattich.
"Nein", musste der Vater gestehen.
"Nun, dann will ich es einmal für ihn tun", sagte Flattich. Und wirklich, der Knabe besserte sich.
Nach der Lebensbeschreibung von Pfarrer Leddhose.
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