Ein Kind, das Kohlen isst

Es ward erzählt, daß ein Knäblein von 4 Jahren ungefähr sich gewöhnt hätte, die Kohlen, wo es sie nur haben könnte, in sein Schiebsäcklcin, so es an seinen Kleidern hatte, zu sammeln, einen Winkel zu suchen und mit besonderer Begierde, als wie andere Zucker und Rosinen, zu essen. Gotthold sagte: Laßt es euch nicht so sehr wundern, weil gewiß des Kindes Magen durch eine schleimigte und scharfe Feuchtigkeit verderbt, oder die Gewohnheit und der Wahn auch viel dabei thun. Die Gelehrten haben viele Exempel angemerkt, daß Männern und Weibern, Jünglingen und Jungfrauen dergleichen widerfahren, deren etliche Zwirnsfäden, Kalk, Baum- und andere Wolle, Asche, Sand, Kreide, Topfscherben, Eis und andere seltsame Sachen mit sonderlicher Lust gegessen hatten. Nehmt aber hierbei dieses in Acht, daß dies Kind und andere dergleichen Personen euch abbilden die Art der durch Weltlust und Gottlosigkeit verderbten Herzen. Seht doch, wie sie so begierig das Unrecht in sich saufen wie Wasser, wie sie nach Art der Israeliten in der Wüste das Himmelsbrod für eine lose Speise achten und nach dem ägyptischen Knoblauch sich sehnen. 4. Mos. 11, 5. Was beliebt die verderbte Welt mehr, als was vor Gott ein Greuel, und die Seele zu nähren nicht nur nicht dienlich, sondern auch schädlich ist? Und was sind die zeitlichen Güter, wenn sie gegen die himmlischen gehalten werden, anders, als Kohlen, Asche, Sand und Scherben, welche doch die Geizigen so häufig sammeln und verschlingen? Drum, mein Gott! behüte mich vor solchen seltsamen und schädlichen Gelüsten und hilf mir Speise wirken, die nicht vergänglich ist, sondern die da bleibet in das ewige Leben. Joh. 6, 27.

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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