Ein anstrengender Kunde

Wilhelm Busch erzählt: Sommerfest der evangelischen Jugend! Der Gottesdienst geht zu Ende. Zum Schluss singt man zu Posaunenschall einen Vers aus dem schönen Sommerlied von Paul Gerhardt:
"... gib, dass der Sommer deiner Gnad in meiner Seele früh und spät viel Glaubensfrücht' erziehe!"
Heiß brennt die Sonne am Himmel und bestrahlt fröhliches Volk. Dort ist ein Wettspiel im Gang, hier sitzen sie im Gras und singen frohe Fahrtenlieder zum Klang der Gitarren. Da hinten üben die Buben ihre Kraft beim Tauziehen. Und dazwischen wandern die Papas und Mamas und gedenken mit leichter Wehmut ihrer eigenen Jugend.
Ein toller Betrieb herrscht an dem Tisch, wo einer Bonbons, Lakritzen, Schokolade und Selterswasser verkauft. Er hat alle Hände voll zu tun; denn jeder will zuerst bedient werden. Jeder hat's eilig.
Der Verkäufer ist kein ,ambulanter Händler'. Er gehört ganz einfach ,dazu'. Der Verkauf ist der Dienst, den er an diesem Tag übernommen hat.
Jetzt drängt sich ein Bub nach vom.
"Was willst du, mein Junge?"
Er zeigt auf die Bonbons: "Was kosten die sauren Drops?"
"Es gibt zwei für einen Pfennig."
"Und was kosten die Karamellen?"
"Das Stück einen Pfennig!"
"Und die Lakritzen?"
"Die Dose fünf Pfennig."
"Und die Schokolade?"
"Ein Riegel zehn Pfennig. Und eine Tafel sechzig."
"Und was kostet die Limonade?"
"Vierzig Pfennig."
Nun überlegt er. In seinen ziemlich dreckigen Händen wird das Geld gedrückt. Geduldig wartet der Verkäufer. Schließlich hat der Bub sich zu einem Entschluss durchgerungen. "Geben Sie mir eine Karamelle für einen Pfennig!"
Alle lachen. Nur der Verkäufer nicht. "Gern, mein Junge!", sagt er und liefert die verlangte 'Ware'.  - 
Zwei Tage später sitzen wir zusammen über dem Worte Gottes. Einer wirft die Frage auf: "Woran merkt man das, wenn man dem Herrn Jesus gehört?"
Mancherlei Antworten werden gegeben. Ich schaue nach dem jungen Mann, der beim Sommerfest den Verkauf der Süßigkeiten hatte. Er versteht und sagt etwas verlegen:
"Ja, wenn da so einer kommt und hält den ganzen Betrieb auf und am Ende kauft er für einen Pfennig ein  -  ich muss gestehen: So einem Burschen hätte ich früher eine Ohrfeige verpasst. Aber jetzt hat mich der Herr Jesus angenommen. Und da habe ich gar keine Gereiztheit mehr gespürt. Im Gegenteil  -  ich konnte den Jungen richtig lieb haben. Das kommt doch sicher daher, dass der Herr Jesus immer bei mir ist und dass er in meinem Herzen durch den Heiligen Geist wohnt."
"Ja!", antwortete ich, "Das kommt sicher vom Herrn Jesus her!"
Und dann sprachen wir darüber, dass das neue Leben mit Jesus sich nicht zunächst in großen Dingen  zeigt, sondern in den kleinen, alltäglichen Dingen.
Und da meinte einer: "Wenn ich mir viel Mühe gebe, freundlich zu allen Menschen zu sein, dann geht es immer schief. Wenn ich aber mich einfach dem Herrn Jesus ganz hingebe, dann wirkt er alles."
"Ja", sagte ich, "mein Großvater hat immer gesagt: Wenn der Frühling kommt, dann muss man nicht in den Wald gehen, um die alten Blätter von den Bäumen zu schlagen. Die fallen von selber ab, weil die neuen Triebe kommen. So geht es auch, wenn der Herr Jesus in unser Leben kommt." Und dann sangen wir zusammen noch einmal die Bitte von Paul Gerhardt:
"Gib, dass der Sommer deiner Gnad in meiner Seele früh und spät viel Glaubensfrücht' erziehe!"

Quelle: Hört ein Gleichnis, Heinz Schäfer, Beispiel 276
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