Durch Sanftmut überwunden
Es war im Feldzug 1870. Im Lazarett liegt ein verwundeter Offizier, am Herzen noch viel kränker als am Leibe, zerfallen mit Gott und den Menschen. Nichts kann man ihm recht machen. Eines Morgens bringt die Diakonisse ihm ein Ei. Er öffnet es und wirft es weg. "Wie können Sie mir solch ein Ei bringen? Es ist viel zu hart, das verträgt mein Magen nicht." Stillschweigend geht die Schwester mit dem Ei hinaus und kommt nach einer Weile mit einem andern wieder. Kaum hat der Kranke es aufgemacht, so brummt er: "Soll ich die Eier denn ganz roh essen? Also nicht einmal ein ordentlich gekochtes Ei kann man bekommen. Ist das eine miserable Wirtschaft!" Ruhig trägt die Schwester auch das zweite Ei hinaus und bringt ein drittes - zugleich mit dem Spirituskocher:
"Herr Oberst, wollen Sie nicht Ihr Ei lieber selbst kochen? Hier ist alles Nötige." Bald darauf lässt der Offizier den Lazarettseelsorger rufen: "Herr Pfarrer, ich habe ohne Gott gelebt. Aber jetzt, da ich die Geduld sehe, mit der diese Schwester mich pflegt, merke ich: Es muss einen Gott geben; denn nur mit seiner Hilfe kann ein Mensch solche Dienstwilligkeit gewinnen."
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