Durch Erblindung zur Bekehrung geführt
F. G. v. Rechenberg erzählt von einem, der an Augentuberkulose litt und in Davos Heilung suchte. An einem Wintertag war er morgens blind aufgewacht. "Herr Pfarrer, da war es mir, als stieße man mir einen Dolch mitten ins Herz", so erzählte er mir mit eigenen Worten. "Sie können sich nicht vorstellen, wie mir zumute war. Ich ließ den Augenarzt kommen. Der sagte etwas von Blutergüssen und Augentuberkulose. Ich verstand ihn nicht. Eins nur verstand ich: Dass ich blind war, dass ich nie mehr sehen, dass ich nie mehr würde arbeiten können, dass ich mein Leben lang hilfsbedürftig sein würde. Oh, da bäumt sich alles in einem auf. Es braucht lange Zeit, bis man sich eingesteht, dass man ein Krüppel geworden ist."
Im Gespräch kamen die beiden auch auf das Gebet zu sprechen. Seit 20 Jahren habe er nicht mehr gebetet - man redet ja doch bloß in die Luft hinein, man spricht eintönige Monologe - Einbildung ist es, dass Gott antwortet. Einmal sagte er: Wenn das Gebet wirklich Gott erreicht, und Gott so gern uns Menschen hilft, so könnte er mich doch sehend machen."
"Gewiss, wenn es Gottes Wille ist..."
"Aber Wunder geschehen doch nicht mehr..."
Der Pfarrer antwortete: "Die Welt ist voll von Gebetserhörungen... Ein rechter Christ erlebt nicht nur Gebetserhörungen, sondern er lebt von Gebetserhörungen und Wundern."
Und das Wunder geschah. Langsam wurde sein Auge licht, bis er zuletzt sogar die Bibel lesen konnte. Sein letztes Wort an Rechenberg war: "Das Letzte, was ich las, ehe ich erblindete, war die Zeitung. Das Erste, was ich nun mit den neuen Augen lesen will, ist die Bibel. Vielleicht aber ist das neue Herz dazu noch wichtiger gewesen als die neuen Augen. Jetzt verstehe ich, warum Gott das an mir tat..."
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