Dummes Gerede schafft Unglück
K. Hesselbacher erzählt in "Glückskinder" von einem tüchtigen, aber armen Mädchen Sophie Nauer, die mit einem Vermöglichen Schreiner verlobt war. Die kranke Mutter war glücklich, dass sie ihre und ihrer Tochter Zukunft gesichert sah. Da sprach es sich eines Tages im Ort herum, dass die Sophie auf Nimmerwiedersehen fort sei und auch der Schreiner auf die Wanderschaft gehen wolle. Was war geschehen, dass dies junge Glück so plötzlich zerbrach?
Die alte Bötin hatte gesehen, dass die Sophie am kleinen Finger der linken Hand eine Flechte hatte, die wochenlang nicht heilen wollte, weil das Mädchen jeden Tag zu waschen hatte. Die Bötin aber kam mit anderen Frauen ins Gespräch: "Die Sophie ist auch nicht mehr ganz sauber. Deren ihr Finger gefällt mir nicht. Hab schon oft gehört, das käm' vom leichtsinnigen Leben. In dem seinen Haushalt in Karlsruhe, in dem sie gedient hat, soll ein Sohn gewesen sein, der die Frauenzimmer zu gern gesehen hat. Ich will nichts gesagt haben, ... aber der Finger, die Flechte am Finger. Dies Gerede kam dem Bräutigam zu Ohren, der die Sophie über die Sache fragte. Das Mädchen wurde totenblass und zieht die Brosche vom Halskragen, die ihr der Schreiner geschenkt hatte: "Aueweil ist's aus. Wer mir so was zutrauen kann, wird nie mein Mann. Ich bin ein armes Mädel und habe nichts auf der Welt als meine Ehre. Schneidest du sie mir schon vor der Hochzeit ab, so bin ich hinterdrein vor gar nichts mehr sicher." Aus war es und durch ein falsches Gerede das Glück zweier Menschen zerbrochen.
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