Die Vergünstigung des Aufschubs
C. H. Spurgeon:
Ein Soldat des Hauptheeres der Nordstaaten, von dem ich irgendwo gelesen, wurde vom Schlachtfeld geführt, um zu sterben. Er war schwer verwundet und außerdem hatte er heftiges Fieber. Ehe das Fieber über ihn kam, hatte ihm jemand mitgeteilt, dass einer seiner Kameraden, der schlafend auf seinem Posten gefunden worden war, zum Tode verurteilt worden sei. Der arme Verwundete bildete sich in seinen Fieberphantasien ein, dass er der Soldat sei, der erschossen werden solle und er rief nach dem Doktor, der ihn behandelte. "Herr Doktor, ich soll morgen früh erschossen werden und da ich wünsche, vorher alles in Ordnung zu bringen, möchte ich Sie bitten, doch sogleich den Feldprediger kommen zu lassen. Ich muss ihn sprechen." Um seinen Besorgnisse zu verscheuchen, sagte der Doktor: "Nein, nein; das ist ein Irrtum; Sie sind es ja nicht, der morgen früh erschossen werden soll." "Doch, ich weiß gewiss, das es so ist; lassen Sie ohne Verzug den Prediger kommen." "Aber verlassen Sie sich auf mich", sagte der Doktor; "ich werde morgen früh hier sein und wenn jemand kommt und Sie anrühren will, so werde ich ihn sogleich arretieren lassen. Ich trage Sorge, dass Sie nicht sterben." "Ist das wirklich so, Herr Doktor?" sagte der Kranke in einem viel ruhigern Tone; "dann brauchen Sie nicht nach dem Feldkaplan zu senden; dann werde ich ihn noch nicht so nötig haben." - Wie viele Menschen würden wohl, wenn sie daran dächten, dass es mit ihnen zum Sterben geht, sagen: "O ja, es muss vorher alles in Ordnung gebracht werden"; aber überzeuge sie davon, dass gegenwärtig ihre Todesfurcht unbegründet ist, dass sie noch ein wenig länger leben werden und sie werden sogleich bereit sein, auch ihre Bekehrung noch hinauszuschieben, weil es noch keine Eile mit ihnen hat. O gefährliches Aufschieben.
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