Die selbstlose Lebensretterin

In dem bitterkalten Winter des Jahres 1869 hat einmal ein kleines, zehnjähriges Mädchen so recht mit der Tat und mit der Wahrheit gezeigt, wie lieb es seine beiden kleinen Schwesterchen hatte. Es war mit ihnen auf Besuch in einem Nachbardorfe gewesen, nun wanderten sie zusammen durch den Wald heim. Der Schnee lag tief und der eisige Nordwind hatte jede Spur eines Weges verweht, die Kinder wussten nicht mehr aus und ein. Die Nacht brach herein, nirgends war weder Weg noch Steg zu sehen. Es blieb den armen Kleinen nichts anderes übrig, als bei der grimmigen Kälte hier im tiefen Walde, fern von der lieben Heimat, ein Ruheplätzchen zu suchen. Das älteste kleine Mädchen sammelte Reisig und Moos und bereitete den kleinen Schwesterlein ein Bettchen, so gut es eben ging. In seiner Liebe und seinem Eifer, nur ja die Kleinen zu retten, zog es sogar seine eigenen Kleider aus, damit es den frierenden, halb erstarrten Würmchen eine warme Decke bereiten könne. 
Am folgenden Morgen fanden die tief bekümmerten Eltern, die ihre verlorenen Kinder die ganze Nacht hindurch gesucht hatten, ihre zwei Kleinsten in einem wohlzubereiteten Bettchen in süßem Schlafe, das ältere Schwesterchen lag, nur mit einem Hemdchen bekleidet, nicht weit davon im Schnee. Es war erfroren.

Quelle: Unbekannt
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