Die Schlaguhr
Gotthold hatte seine Hausuhr von einander genommen, um dieselbe zu säubern, und indem er in Wiederzusammensetzung derselben geschäftig war, hatte er allerhand Gedanken über dieses künstliche und nützliche Werkzeug des menschlichen Lebens; er erkannte es nicht für eine geringe, doch fast verborgene Wohlthat Gottes, daß er diese Erfindung den Menschen gegönnt, damit sie die Zeit desto eigentlicher austheilen und zu nützlichen Verrichtungen anwenden könnten, zuvörderst da ein jeder Stundenschlag sie der flüchtigen Eitelkeit des Lebens und des heraneilenden Todes erinnern thäte. Endlich vermeinte er, es wäre in der Uhr ein schönes Bild des Christenthums; denn wie die Uhr, wenn sie richtig ist, in steter Bewegung muß erfunden werden, also daß ein Rad das andere treibt, so muß auch das wahre Christenthum in steter Uebung sein und eine gottselige Arbeit und Uebung der andern die Hand bieten; wie aber die Uhr steter Aufsicht, Stellens und Säuberns bedarf, also hat der getreue und langmüthige Gott stets an unserm Christenthum zu thun, zu bessern, zu säubern und einzurichten; wie dann auch die Uhr ohne ein gleichmäßiges Gewicht nicht geht, so geräth auch die Uebung der Gottseligkeit ins Stehen und Stocken, wenn nicht der Höchste das Kreuzgewicht an unser Herz hängt, wobei er dennoch dieses Maß zu geben weiß, daß niemand über Vermögen beschwert wird. Mein getreuer Gott! laß mein Christenthum unter deiner gnädigen Aufsicht bleiben; stelle du, säubere, regiere! sonst wirds nimner richtig gehen. Hänge auch daran so viel Kreuz, als dir beliebt und ihm zuträglich ist! Du bist getreu und wirst mich über Vermögen nicht beschweren.
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