Die Schafe
Gotthold sah, daß ein Hausvater seine Schäflein, als sie aus dem Felde kamen, mit Fleiß zählte und zum Stall brachte. Weil er nun eben voll Betrübniß und Sorgen war, brach er bei sich selbst heraus und sagte: was betrübst du dich nun, meine Seele, und was plagst du dich selbst mit so ängstlichen Gedanken? Vermeinst du nicht, daß du dem Allerhöchsten so lieb bist, als diesem Manne seine Schäflein? Oder bist du nicht besser, als viele Schafe? Ist denn nicht Christus Jesus dein Hirte? Hat er nicht sein Blut und Leben an dich gewagt? Geht’s denn nicht auch dich an, daß er sagt: Ich gebe meinen Schafen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen. Joh. 10, 28. Dieser Mann zählt seine Schafe; sollte mein Gott nicht seine gläubigen und auserwählten Kinder zählen und in Acht haben, zuvoraus, da mich sein liebster Sohn versichert, daß auch die Haare auf unserem Haupt gezählt sind? Matth. 10, 30. Gesetzt, daß ich mich den Tag über verirrt und meinen Gedanken etwas unvorsichtig nachgewandelt hätte, mein getreuer Gott wird zu Abend bei Einzählung seiner Schäflein, wenn er meiner vermissen wird, mich in Gnaden wieder suchen und zurechtbringen. Herr Jesu! ich bin wie ein verirrt und verloren Schaf, suche deinen Knecht, denn ich vergesse deiner Gebote nicht! Ps. 119, 176
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