Die Münze

Als eine neue Münze, darauf eines großen Potentaten Bildniß stand, vorgezeigt wurde, sagte Gotthold zu der Gesellschaft: Warum meint ihr, daß die hohen Häupter ihr Bildniß auf die Münze prägen lassen? Darauf sagte einer: Ohne Zweifel darum, daß sie sich ein Gedächtniß auch auf solche Weise bei der Nachwelt stiften mögen, weil die Menschen nichts so wohl und fleißig, als das Geld aufheben und verwahren. Ein anderer sagte: Ich halte dafür, ein Fürst lasse darum sein Bild auf die Münze setzen, wie sein Siegel auf einen Brief, daß er dieselbe damit als rechtmäßig und gut beglaubige und gültig mache. Der dritte sagte, es möchte auch wol darum geschehen, daß die Unterthanen ihre hohe Obrigkeit herzlich zu lieben und für sie zu beten erinnert werden, als unter deren Schutz und Schirm ihnen frei und sicher zu kaufen und zu verkaufen, zu handeln und wandeln, zu reisen und zu bleiben verschafft werde. Gotthold that hinzu: Ich wollte es dahin deuten, daß ein Herr mit seinem Bildniß zugleich sein Ansehen, Macht und Gerechtigkeit den Unterthanen vor Augen stellen wolle, daß sie um desto eher bewogen werden, im Handel und Wandel so gewissenhaft und gerecht sich zu bezeugen, als wenn der Fürst selbst alles hülfe unterhandeln und mit seiner Gegenwart bestätigen. Die Alten haben mehrmals auch ihre Münze mit dem Kreuz bezeichnet, ohne Zweifel darum, daß die Menschen im gemeinen Leben oft des gekreuzigten Herrn Jesu möchten erinnert und durch sein Andenken ermahnt werden, daß sie ihre Seele, die er am Kreuz mit seines theuren Blutes Vergießung erkauft, nicht so liederlich um eines und des andern schnöden Pfennigs willen verkaufen und in die Schanze setzen, auch ihrem dürftigen Nächsten um des gekreuzigten Christi willen die Hand zu reichen willig sein sollen; welchen Gebrauch, da er nunmehr in Abgang gekommen, wieder aufzubringen, wol nicht zu rathen ist um des großen Mißbrauchs willen, dem das Geld nunmehr leider unterworfen ist. Denn was ists anders, als ein Diener der weltlichen Eitelkeit und Bosheit! Gedenkt aber auch bei dieser Gelegenheit, daß unser Herz müsse ein Schaupfennig Gottes und mit dem Bilde des Himmelsfürsten Christi Jesu bezeichnet sein. Es müssen alle unsere Worte, Werke und Gedanken ein Abdruck von seiner Liebe, Sanftmuth, Demuth, Freundlichkeit, Mäßigkeit, Keuschheit, Genüghaftigkeit und Wahrheit haben; wo nicht, so wird er einst zu uns sagen: Ich kenne euer nicht. Matth. 7, 23. 25, 12. Ach, mein Herr Jesu! drücke dein Bild in mein Herz, damit es im Himmel gelten möge.

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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