Die Lage von Jesus Christus her sehen

Ein Zeitgenosse, ein so genannter Intellektueller, unterhält sich mit seinem Pastor. Er sagt:
"Herr Pastor, ich habe nachgedacht, die Lage der Kirche ist schwierig." Dann rechnet er ihm vor: 95 Prozent der deutschen Bevölkerung kommen nicht mehr zur Kirche. Und 5 Prozent, die noch kommen, was sind das für Leute? Das sind ein paar Ältere, ein paar Konfirmanden, und was dazwischen ist, das macht sonntags, was es will. Er hakt immer weiter an: "Und dann die kirchliche Lage! Und dann die theologische Lage! Ist das nicht furchtbar?" Punkt um Punkt erzählt er dem Pastor, in was für einer unmöglichen Lage das Christentum ist. Eine ganz bestimmte Sache hat er sich bis zum Schluss aufbewahrt.
"Herr Pastor, ich will Ihnen einmal sagen, in welcher Lage sich das Christentum befindet: Das Christentum ist eine der schönsten Blumen am Baume der europäischen und menschlichen Kultur, und diese Blume, Herr Pastor, fällt ab!"
Was hätten Sie geantwortet?
Der Pastor fängt an, aus vollem Herzen zu lachen und sagt:
"Herr Zeitgenosse, die Sache ist genau umgekehrt. Sie sind nur nicht gebildet genug! Eine der schönsten Blumen am Baume des Evangeliums war die europäische Kultur, und die fällt ab. Die Botschaft des Evangeliums wird davon überhaupt nicht berührt."
Dass einige Millionen Menschen sich gegen Jesus Christus entscheiden, ist doch nicht ein Verlust für die Macht dieses Herrn! Das ist doch einfach nicht wahr. Wenn Menschen sagen: "Wir wollen keinen Glauben, wir wollen keine Bibel, wir wollen keine Sündenvergebung", dann zieht doch nicht Jesus Christus den Kürzeren, sondern wir! Oder? Wenn Menschen darauf verzichten, die Heilige Schrift in ihr Leben hereinzuholen und auszuprobieren und mit ihrem Herrn zu leben - wenn Menschen sagen: "Das brauchen wir alles nicht, wir sind viel zu klug dafür", dann wird doch nicht unser Herr scheitern, sondern der Mensch.
Wer muss denn ins Jüngste Gericht, unser Herr oder wir? Wer muss denn einmal in die bange Todesstunde, unser Herr oder wir? Wer muss sich einmal vor dem Thron Gottes verantworten, unser Herr oder wir?
Dann lacht der Pastor noch einmal und sagt:
"Herr Zeitgenosse, ich bitte Sie, schaffen Sie sich eine anständige Bildung an! Nennen Sie wieder wesentlich, was wesentlich ist, und unwesentlich, was unwesentlich ist. Wesentlich ist, dass man die Herren dieser Welt da Herren nennt, wo sie es sind, und dass man die Knechte dieser Welt Knechte nennt, wo sie es sind, dass Sie den Herrn der Welt aber auch als Herrn der Welt belassen. Dann sind Sie sachlich."
Für die unter uns, die darüber nachdenken wollen: Sobald Sie sich nüchtern fragen: "Von woher muss eigentlich gedacht werden?", sind Sie sachlich. Wenn Sie von sich aus denken, sind Sie nie sachlich, sondern immer subjektiv. Wer von Jesus Christus her denkt, das heißt, von dem Herrn, der hinter der Geschichte steht, bekommt einen völlig neuen Blick für diese unsere Lage.

Quelle: Mach ein Fenster dran, Heinz Schäfer, Beispiel 552
© Alle Rechte vorbehalten