Die Katze
Gotthold sah eine Katze an, die in dem Sonnenschein sitzend sich nach ihrer Art aufs beste leckte und putzte. Er dachte bei sich selbst: dies ist wol ein recht nützliches Thier, dessen wegen der Mäuse in der Haushaltung man nicht entrathen kann, und muß ja dies die Ursache sein, warum ehemals die Aegypter in ihr Götzenregister sie mitgebracht haben, wiewohl auch gemeldet wird, daß es darum geschehen, weil man sich ihrer wider Schlangen- und Otternstiche heilsamlich bedienen könne. Allein das ist auch bei diesen Thieren merkwürdig, daß sie heimliche Menschenfeinde sind und ihm oft wider Wissen und Vermeinen Gefahr und Schaden zuziehen, maßen denn nicht allein ihr Haar, in Speise und Trank unvorsichtig verschluckt, sondern auch ihr Odem und der Duft, so von ihnen geht, ihm oft schädlich und tödtlich sei, wie die gelehrten Aerzte bezeugen, daß sie Leute gekannt, welche an den Katzen ihre Lust gehabt und ohne dieselben niemals schlafen gegangen, die bald mager und schwindsüchtig geworden, auch den Tod davon gehabt; so ist auch ein ganz Kloster, worin man viele Katzen gehalten, plötzlich ausgestorben. In weiterem Nachsinnen fand er an diesem Thier eine Vorstellung eines zwar arbeitsamen, aber gottlosen Gesindes; oft hat ein Hausvater ein solches Gesinde, das er zu keiner Arbeit treiben darf, sondern es hat Kraft und Muth genug, alles anzugreifen und gebührend zu verrichten; aber dabei ist es ruchlos, bekümmert sich nicht um Gott, sein Wort, das Gebet und einige Ehrbarkeit, ist liederlich im Fluchen, schandbar in Worten, leichtfertig in Werken und frech von Geberden; und das ist fürwahr ein heimliches Gift und Pest der Haushaltung und Nahrung; denn wie ich Exempel finde, daß Gott um eines frommen Dieners willen auch heidnische und böse Herren gesegnet hat, 1. Mos. 30, 27. 39, 3. 5., also ist kein Zweifel, daß er um eines gottlosen Gesindes willen oft seinen Segen einem Hause entzieht. Solches Gut, Vieh, Gewächs, das ein solcher Mensch mit seinem gottlosen Fluchmaul anhaucht und mit unreinen Händen bearbeitet, kann nicht gedeihen. Mein Gott! ich erkenne, daß auch ein frommes Gesinde zum täglichen Brod gehöre, darum uns dein Sohn dich anrufen heißt; versorge mich allezeit mit solchem, das dir gefällig ist!
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