Die Hochzeit
Gotthold ward zur Hochzeit gebeten, von welcher er der nahen Anverwandtschaft halber, die er mit dem Bräutigam hatte, nicht ausbleiben konnte. Als nun uraltem christlichem Gebrauche nach die Vertrauung geschehen war, nahm er mit Verwunderung in Acht, daß sich der Braut Eltern die Bewirthung der Hochzeitgäste so sehr ließen angelegen sein und mit unverdroßner Mühe auf alle Dinge fleißigste Aufsicht hatten. Run, sagte er bei sich selbst, findet sich , doch ein sonderbares Wunder bei dem Ehestand und den Hochzeiten, welches wol von den wenigsten zum Nachdenken genommen wird. Diese Eltern haben dies ihr liebes Kind mit Kummer und Schmerzen erzeugt, mit Müh, Gefahr und vielen Kosten erzogen und nunmehr so weit gebracht, daß es ihnen bei herannahendem Alter die hülfliche Hand in der Arbeit und Haushaltung bieten könnte, und geben es nun einem Fremden, der sich um sie oder die Ihrigen im geringsten nicht verdient, mit großen Kosten, vieler Mühe, großer Arbeit; ja, was das meiste ist, sie geben ihm mit ihrem Kinde zugleich das Herz, gewinnen ihn lieb und werth, oft so sehr, als wenn er zu ihren leiblichen Kindern gehörte; die Tochter auch vergißt ihres Vaters Haus und alles dessen, was sie darinnen zu genießen gewohnt, und ergiebt sich zur ehelichen Dienerin dieses Menschen, mit dem sie zuvor nicht umgegangen und seiner nicht gewohnt ist, und das sehen die Eltern nicht allein gern, sondern betrüben sich auch wol, wenn es nicht also geschieht. Hiebei ist eine höhere Hand, welche die Herzen zu lenken und über alles menschliche Dünken und Verhoffen wunderlich, doch weislich zu verknüpfen weiß. Mein Gott! wenn wir Menschen uns viel zu schaffen machen, so denken wir oft nicht daran, daß dir das Oberregiment aller Dinge zusteht, und du bist auch oftmals in deiner kräftigen Regierung so still und lässest alles so seltsam zugehen, daß man nichts weniger, als deine Hand in solchem Spiel vermuthen sollte, allein, wenn man etwas eigentlicher zusieht, findet man bald, daß du die große Unordnung der Welt ordentlich regierst und in der Stille und Schwachheit deine gütige Kraft wunderlich beweisest. Darum ist albern der, so anders will, als du willst, und der ist recht weise, der auf deine Wege fleißig achtet und in denselben seinen Lauf mit Freuden zu vollenden bemüht ist,
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