Die Frucht einer Schmähschrift

Der alte, durch und durch edle Pfarrer Machtolf von Möttlingen im Schwarzwald (gest. 1800) erhielt eines Tags eine gehässige Schmähschrift zugesandt. Am nächsten Sonntag verkündete er von der Kanzel: "Es hat mir jemand, der mich jedenfalls genau kennt, einen Brief ins Haus gelegt, der mir scharf meine Fehler vorhält. Ich habe ihn genau gelesen, mich selbst geprüft und viel wahres darin gefunden. In meinem Herzen ist die Wurzel zu allem, was der Freund an mir tadelt, und Gottes Gnade allein ist es, dass es nicht zur Tat wurde. Ich möchte nun den lieben Freund bitten, zu mir ins Haus zu kommen, dass ich ihm noch persönlich meinen Dank abstatten kann." Der Betreffende kam aber nicht und so schenkte Machtolf der ganzen Gemeinde den Zehnten des Jahres, um auf diese Weise auch den Briefschreiber mit zu belohnen.

Quelle: Er ist unser Leben: Beispiel- und Stoffsammlung für die Verkündigung, Martin Haug, 1941, Beispiel 2048
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