Die Frösche

Als bei eintretendem warmen Frühlingswetter die Frösche gegen den Abend sich weidlich hören ließen, bedachte sich Gotthold, was er hiebei für eine Erinnerung haben möchte, und fand anfangs, daß sie ein artiges Bild der nassen Brüder geben könnten! Denn gleichwie die Frösche in ihren Sümpfen und Pfützen mit Lust durcheinander wimmeln und mit ihrem Freckeckeckeck und Koar, Koar sich so viel wissen, als wollten sie es der Nachtigall gleich thun, so gehts mit denen, die ihre Freude im Saufen suchen; man geht manchmal an einer Schenke vorbei und sieht mit Betrübniß seiner Seele, daß auch am h. Ruhetag des Herrn, ja dann am meisten alles voll ist; da lärmt und schwärmts durch einander, da schreit einer hier, der andere dort, da schwatzt der eine dies, der andere das, bis man durch das stetige Ausleeren und Einfüllen von Sinnen kommt und nicht mehr weiß, was christlich, ja was menschlich ist; denn Trunkenheit macht nicht allein einen Unchristen, sondern auch einen Unmenschen. Bei dem griechischen Geschichtschreiber Xenophon findet man, daß Cyrus, welchen die h. Schrift Kores nennt, in seiner Jugend, als er von dem Astyages, seinem Großvater, angemahnt ward, Wein zu trinken, sich geweigert habe; gefragt: warum? hat er zur Antwort gegeben, ihm wäre bange, es würde ihm auch Gift beigebracht werden, wie er denn gesehen, daß ihm, dem Astyages, und seinem Bedienten, an seinem Geburtstag widerfahren. Alsman weiter fragte, woher er wüßte, daß Gift im Wein gewesen, antwortete er: Weil ihr gar von Sinnen kamt und weder eures Leibes, noch Gemüths endlich mächtig wart. Und solche freiwillige und gesuchte Raserei nennt man eine Lust und sucht darinnen eine Freude. Nun, ihr nassen Brüder! quackt, lärmt und schwärmt in euren Sümpfen und Sünden, seht aber zu, daß ihr nicht darüber in den Pfuhl hüpft, der mit Pech und Schwefel brennt ewiglich! Ferner fiel ihm bei das artige Sinnbild eines gelehrten und berühmten Mannes, der in einem Nachtstück einen Hälter bei einem Schlosse bildet, darinnen die Frösche wimmeln, oben aber aus einem Thurm eine Hand, die eine brennende und leuchtende Fackel hervor hält, vorzustellen, was das helle Licht der Wahrheit wider die Lügenmäuler und Verleumder vermag. Diese sind den Fröschen gleich, welche oft über ein frommes und unschuldiges Herz, so lang es nach Gottes heiligem Rath und Willen im Finstern sitzen muß, Mich 7, 8., ein groß Gewäsch und Geschrei machen, allein, wie die Frösche, sobald sie einer Fackel oder Leuchte bei Nacht gewahr werden, verstummen und still werden, wie die Erfahrung bezeugt, so müssen auch die Lügenmäuler verstummen und schweigen, wenn Gott das Licht der Wahrheit hervorbringt; was kann man denn machen, wenn einem das gottlose Geschwätz der falschen Zeugen zusetzt? Man muß die Frösche lassen koaren, die Störche klappern, die Schlangen zischen, die Hunde bellen; haben sie doch nichts anders gelernt. Es hat aber auch die Bosheit ihre Zeit. Dies ist eure Stunde, spricht unser Seligmacher zu seinen Feinden, als sie ihn gefangen nahmen, und die Macht der Finsterniß. Luc. 22, 53. Gott bringt endlich die Seinigen mit ihrer Unschuld ans Licht, daß sie ihre Lust an seiner Gnade sehen. Mich. 7, 9. Simei mag schelten und fluchen, wenn es ihm der Herr heißt, 2. Sam. 16, 11., er muß aber auch schweigen und sein Unrecht erkennen, wenn es ihm der Herr heißt. 2. Sam. 19, 19. 20. Mein Gott! gieb mir die Gnade, daß ich mich hüte vor böser That; den Lügen kannst du, wenn es dich Zeit dünkt, leicht Rath schaffen.

Quelle: Christian Scriver - Gottholds zufällige Andachten
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